Plädoyer für eine neue soziale Grundnorm
von Michael Hirsch
Beim Versuch, nach 30 Jahren neoliberaler Hegemonie einen neuen progressiven Abschnitt der Moderne zu eröffnen, steht das fortschrittliche Lager vor zwei Problemen. Zum einen ist da die Verstrickung der Regierungslinken aller Länder in die neoliberale Restrukturierung von Staat und Gesellschaft. Zum anderen scheint nicht einmal annähernd eine fortschrittliche gesellschaftspolitische Agenda in Sicht, mit der sich nicht nur progressive Parteien, Bewegungen und Kultureliten, sondern auch die Massen der Bevölkerung begeistern ließen. Die klassische Formel „Soziale Gerechtigkeit“, die im Wahlkampf 2017 eine größere Rolle spielen wird als mittlerweile in Misskredit gefallenen Formeln wie Modernisierung, Wachstum und Beschäftigung, wird dafür nicht ausreichen. Zu sehr ist sie implizit auf die Wiederherstellung vergangener Sicherheiten und Normalitätsvorstellungen bezogen. Viele spüren, dass es an einem zusammenhängenden linken Narrativ über eine bessere Zukunft fehlt. Denn es geht ja nicht nur darum, möglicherweise einmal wieder Wahlen zu gewinnen. Es geht auch darum, die Macht im Falle des Erfolgs für ein fortschrittliches Gesellschaftsprojekt zu benutzen. Weiterlesen