„Wahrheiten“ und „das Licht der Welt“

„Wahrheiten“ und „das Licht der Welt“

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von Stefan Frischauf

Erläuterung

Dieser Essay ist das Ergebnis von rund 10 Tagen gefilterter „Nachrichtenflut“. Dabei wurden von einem Menschen, der ähnlich Alan Alexander Milnes „Pu der Bär“ ein Wesen „von geringem oder mäßigem, durchschnittlichen Verstand“ ist diese Nachrichten mit anderen Vorschlägen und Themen aus der Vergangenheit abgeglichen. „Wiedergekäutes“ findet sich dabei genauso wie „Wiedergefundenes“ und „in neuem Licht Betrachtetes“.

Ob die immer wieder an der Schnittstelle zwischen „individuellem und kollektivem Gedächtnis“ aufeinander stoßenden Bilder und Gedanken, die dann mit Erfahrungswerten in grauen Zellen da abgeglichen werden Fluch oder Segen darstellen: das wird sich zeigen. Mein Vater als Teamleitender Handwerksmeister und mein härtester Lehrer hat mir immer gesagt, ich müsse „Menschenkenntnis“ und „Lebenserfahrung“ sammeln. Wahrscheinlich hat er Recht. Auch wenn mich das tatsächliche Leben bisher gelehrt hat, dass solche Regeln keinen Wert (mehr) haben. Aber auch das kann ja vielleicht doch noch (wieder) werden.

 


Inhalt

 

1. Prolog

Die Welt ist ein sehr komplexer Ort. Eigentlich ein Paradies. Bisher haben wir nur wenige Nachweise für „außerirdisches Leben“ gefunden. Hier und „da draußen“. Umso mehr: ein Paradies. Mit Himmel und Hölle gleichermaßen auf Erden.

Im „Anthropozän“ – also dem schon vom Namen her umstrittenen „geologischen Erd-Zeitalter“, in dem der Mensch als die den Planeten bewohnende Spezies diesen fragilen Wohnort in einem nie gekannten Ausmaß beherrscht, erscheinen die Dinge umso komplexer. Und fragwürdiger und verwirrender zudem.
„Allein durch den Bergbau wurden mehr Sedimente verschoben,
als alle Flüsse der Erde je geschafft haben.“1
Diesem Satz können viele noch irgendwie zustimmen. Auch wenn die wenigsten auch nur ahnen, was dies bedeutet zum Beispiel alleine für die Wasserhaltung und die Instandhaltung der geologischen Tektur unter einem ehemaligen Bergbaugebiet wie dem Ruhrgebiet als Umbaustelle der 1. Industriellen Revolution hier. Einer Landschaft, wo im späten 18. Jahrhundert das Schürfen nach „schwarzem Gold“ in den Tiefen im großen Maßstab begann. Die Landschaft darüber aber von Fördertürmen und Hochöfen in dem, was der Oberhausener Soziologe Roland Günther „Das Tal der Könige“2 der Industriekultur nennt beherrscht wurde. Einer der faszinierendsten Kulturlandschaften Europas. In jeder Beziehung.
Auch vom MSV über Schalke bis zum BVB und ihren Fans.
Den Menschen dort im Schmelztiegel Ruhrpott.

„Homo sapiens verursachte die Erderwärmung, ließ die Meeresspiegel ansteigen, zerstörte die Ozonschicht und bewirkte die Versauerung der Ozeane.“1
Da scheiden sich dann die Geister. Disput und Gezeter sind unvermeidlich.
Bald geht alles in den üblichen Beschimpfungen und „Shitstorms“
(die Übersetzung schenke ich mir jetzt hier) unter.

 

2. „Verschwiegene Wahrheiten“: auch Wissen-schafft unterliegt
evolutionären „demokratischen Meinungsbildungsprozessen“

In einer hervorragend recherchierten und aufbereiteten „Spurensuche“ im Bonner Generalanzeiger zeigt Wolfgang Wiedlich auf, was das heißt:

„Es ist Fünf vor Zwölf”: Das erzählen uns Politik und Medien seit 30 Jahren, obwohl die Treibhausgas-Weltemission von Jahr zu Jahr steigt. Die Klimaszenarien blenden extreme Gefahren aus.“3
In der Klimaforschung müssen die Akteure ja viele Daten und Forschungsergebnisse aus ganz verschiedenen Einzelwissenschaften gemeinsam abgleichen und auswerten. Ein Prozess, bei dem zwangsläufig „erhöhter Diskussionsbedarf“ entsteht. In dem entsprechend „mächtige Interessenten“ auch eine „verstärkte Notwendigkeit des Einspruchs“ sehen.
Ähnlich wie bei der Definition des Anthropozän durch die Geologen wird deutlich, wie Klimaforscher da auch als Menschen einfach entsprechend vielen Einflussgrößen (gesellschafts-) politischer Natur ausgesetzt sind. Wie sie somit auch „Irrungen und Wirrungen“ unterliegen. Wie jeder Mensch. Und erst Recht: wie jede Gruppe von Menschen.

„Seit Jahren dreht sich jedoch der Wind. Brandmarkten Klimaskeptiker die IPCC-Reports lange als panikschürend, erscheinen sie heute wie weichgespülte Konsenspapiere. Die Realität überholt ständig die Vorhersagen. Woran liegt das? Wurden extreme Szenarien aussortiert? Wie einst bei der NASA extreme Ozonwerte? Als 2007 der vierte Report des UN-Weltklimarats erscheint, fehlt ein Diagramm. Es zeigte auf einen Blick, was alles passieren kann, wenn die Durchschnittstemperatur um zwei, drei oder vier Grad steigt. Ein riskantes Diagramm, denn es enthält Wertungen, die dem IPCC nach dem Verständnis der Politik nicht zustehen.“3
Wiedlich hebt denn auch deutlich die Stimmen erfahrener unabhängiger Forscher vom  „Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC)“, im Deutschen oft auch als „Weltklimarat“ bezeichnet hervor: Den NASA-Forscher James Hansen, „Warner und Erdklimaforscher der ersten Stunde“ und Kevin Anderson von der Uni Manchester. Da die Regierungen selbst die Mitglieder des IPCC vorschlagen, scheiden diese beiden von vorneherein aus: „Doc Hansen“, wie er liebevoll in den US genannt wird, ist schon mehr als zehn Mal bei Umwelt- und Klimaschutz-Demonstrationen verhaftet worden und Anderson fliegt aus CO2-Gründen nicht.

Europa-Abgeordnete der Grünen wie Ska Keller indes schreiben:
„Die Erdgaspipeline Nordstream 2 zementiert die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern und schadet den Interessen Polens und der Ukraine. Diese Pipeline braucht niemand!“ Und in leider gängiger transatlantischer Kalter-Kriegs-Rhetorik im Stile vom „System Mcleyen“4 als „Vorhut der Kanzlerin im Verteidigungsministerium“ setzt die junge Frau aus Brandenburg in weißer Schrift auf grünem Grund hinzu:
„Nordstream 2: Das hilft allenfalls Putin und Gerhard Schröder.“5

Was ist jedoch als Übergangslösung die Alternative?
Wie so oft sagen die Grünen das nicht.
Doc Hansen sagt seit Beginn der Erweiterungsarbeiten der „Keystone-Pipeline“ zur Keystone-XL-Pipeline für den Transport der Athabasca-Ölsand-Vorkommen im westkanadischen Alberta zu Erdölraffinerien in Illinois, Oklahoma und Nebraska6 zu Beginn der 2010er Jahre, dass „Fracking“ nicht nur Kanada und die US „kaputt macht“, sondern auch eine Weiterführung von Klimaschädlicher Politik bedeutet, die so nicht zu verantworten ist. Er rief damals zudem offen zu zivilem Ungehorsam auf und war einer der prominenten verhafteten Demonstranten dort.
Am Ende seiner zweiten Amtszeit im November 2015 stoppte Präsident Obama den Bau von Keystone XL und Trump genehmigte im März 2017 ihren Weiterbau.6

Der „Sanktionismus“ als „Aushungern wollen“ auch ehemaliger Partner:
die Gaspipeline von Russland und die Abnahme von teuer und riskant gewonnenem, über den Atlantik geschippertem Fracking-Gas als ewige Fortführung einer längst gescheiterten „Globalisierung unter der Alleinherrschaft der Pax Americana“ ist da nur ein Aspekt. Völlige Erstarrung. “Grüne”, die das negieren, scheinen manche Schüsse nicht gehört zu haben. Oder nicht hören zu wollen.

„Die Erde ist in einer tödlichen Spirale. Radikale Maßnahmen werden erforderlich sein, um uns zu retten“7 – titelt George Monbiot im britischen Guardian.
Ein Stadtplaner aus Boston, der Berater von US-Präsident Obama damals, Anfang der 2010er Jahre war, sprach auch von „Anpassung an den Klimawandel“, der mittel- und langfristig die einzige Chance sei. Für uns? Für die Menschheit? Vielleicht.
Panik und überstürzte einseitige Maßnahmen sind immer schlecht.
Ignoranz auch.

 

3. Die zur Gewissheit werdende Ahnung von der Erfordernis
drastischer Änderungen macht das Thema der
„internationalen Zusammenarbeit“ anstelle von
„Globalisierung als Jede(r) gegen Jede(n)“
zur existentiellen Erfordernis

Ganz gleich, was transatlantische Machtverwalter mit grünem Anstrich und von Mckinsey teuer beratene „Familienverteidigungs-Ministerinnen“4 im Dunstkreis der obersten Machtverwalterin da, der Kanzlerin sagen.
„Denn sie wissen nicht, was sie tun“? Scheinbar.

„Das Problem ist politisch. Eine faszinierende Analyse des Sozialwissenschaftlers Kevin MacKay besagt, dass Oligarchien eine viel fundamentalere Ursache des Kollapses von Zivilisationen gewesen sind als soziale Komplexität oder Energiebedarf. … Ökonomische Eliten, die von sozialer Dysfunktion profitieren, blockieren die erforderlichen Lösungen. Die oligarchische Kontrolle von Macht, Politik, Medien und öffentlichen Diskursen erklärt das zu beobachtende institutionelle Versagen, das uns nun näher zur Katastrophe bewegt. … Aufgrund der Tatsache, dass wir unsere eigene Haut nicht retten können ohne den Wettstreit mit der oligarchischen Kontrolle sind der Kampf für Demokratie und Gerechtigkeit und der Kampf gegen den drohenden Kollaps unserer Umwelt ein und dasselbe. Erlaubt es nicht denen, die die Krise verursacht haben, die Grenzen politischer Tätigkeit zu setzen! Erlaubt es nicht denen, deren magisches Denken uns in dieses Chaos gebracht hat, uns zu sagen, was getan werden kann und was nicht!“7
Auch dies sagt George Monbiot.

Einigkeit und Recht und Freiheit und der Kampf gegen die Zerstörung unserer Umwelt offenbaren die größten Chancen im Kampf gegen sozialen Raubbau, Hartz IV und (Neo-) Feudalismus. Auch und gerade durch internationale Zusammenarbeit.
An den Grundbedürfnissen der Menschen orientiert. Hier wie dort.

Was heißt das konkret?

  • Niedrige Löhne und dadurch verursachte stetige Perspektivlosigkeit erhöhen den Verdruss der Menschen auf den Böden der Tatsachen und fördern so den „Rechtsruck“ der Gesellschaft. Die durch die „Hartz-Gesetzgebung“ forcierte Angst vor dem Fall in Arbeitslosigkeit und bald ins Bodenlose erzeugt stetigen Stress.
    Franco Clemens als „Kölscher Streetworker“ an einem „klassischen sozialen Brennpunkt“ in Düsseldorf weiß das besser als jeder andere zu beschreiben.
    Auf seinen Hinweis auf den Beitrag des Kölner Grünen MdB Sven Lehmann zur Hartz IV-Debatte im Bundestag sei hier denn auch noch einmal explizit verwiesen, weil Lehmann dort höchst prägnant diese Themen aufbricht.8
  • Für gesellschaftlich zielführende Projekte und einen wirklichen Aufschwung jedoch bedarf es der Anerkennung von Leistung und einer würdevollen Integration der Menschen. Dafür benötigt man Handwerker wie „Kopf- und Fußwerker“ gleichermaßen. Gute Teamarbeit zwischen „white collars“ und „blue collars“.
  • Dafür muss man die entscheidenden Themen vereinigen. So wie Monbiot das auch sagt: die erforderlichen Programme zur Behebung lokaler Umweltschäden als Teil von „globaler Klimapolitik“ und der Kampf für Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit sind untrennbar miteinander verbunden.
  • Insofern sollte eine kluge Politik „Links der Mitte“ auf diese Vereinigung der Themen programmatisch abzielen. So überwinden wir auch den „Rechtsruck“. Nicht mit der üblichen technokratischen opportunistischen Duckmäuserei und Fahnenschwenkerei. Wo aber alle Irrtümer, Fehler und „Verfehlungen“ von Wirtschaft und Politik (Diesel-Gate, Cum-Ex, „Phantom-Aktien“ etc.) mit neuen Daumenschrauben dem für dumm verkauften „kleinen Mann und seiner Frau“ aufgebrummt werden. Oder einfach unterschlagen werden.
  • „Irrtümer und Fehler von Wirtschaft und Politik“ entlarven sich dabei immer mehr und immer häufiger als „geschickt getarnter Vorsatz“.
    Andreas Heil zu „Phantom-Aktien“9 und „Cum-Ex“:
    „Die ZEIT berichtet durchaus erfreulicherweise von einem neuen dräuenden Steuerskandal, bei dem dann aber Bundesfinanzminister Scholz mit markigen Worten von “Schadensersatz” in helles Licht gerückt wird und nebenbei die entlastende Falschbehauptung befestigt wird, beim sog. “Cum-Ex”-Skandal hätte es sich um ein “Steuerschlupfloch” gehandelt.
    Das war es nicht.
    Kern dieses und weiterer Skandale waren mit Vorsatz und gewerbsmäßig ausgestellte falsche Steuerbescheinigungen durch Kapitalgesellschaften mit Banklizenz, bestbezahlte Anwaltskanzleien, die dazu ein passendes Märchen erfunden haben, sowie eine ganze Generation von Finanzministern, die das Märchen glauben wollten, statt Steuerfahndung und Bankenaufsicht notfalls zum Jagen zu tragen.
    So etwas nennt sich im Strafgesetzbuch “Organisierte Kriminalität”, mit dem Nebeneffekt, dass Täter für die gemeinschaftliche Tat und nicht nur für ihren harmlos gezeichneten arbeitsteiligen eigenen Beitrag verurteilt werden können.
    Und das Aufrechterhalten solcher Narrative ist dann aktive Beihilfe zur Strafvereitelung, weil die Taten parallel langsam verjähren.“10
  • Auch zu „Spur des Terrors“ und „Saat des Terrors“ gibt es plötzlich viele Meldungen, die zeigen, wie der „globale Krieg gegen den Terror“ immer mehr zum „Krieg gegen die Bevölkerung“ und zur Einschüchterung derselben genutzt wurde. Auch und vor allem von Geheimdiensten. Wobei der BND da seinen US-Partnern von CIA, DEA bis NSA in nichts nachsteht. „Relativierungen“ und „Beschwichtigungsversuche“, geschweige denn Versuche, von „schillernden oder kriminellen Personen“ im Geheimdienstmilieu als „Einzeltäter“ abzulenken und so das gewaltige Ausmaß des vom Staat selbst gelenkten Terrors zu relativieren, sollten denn auch wirkungsvoll unterbunden werden.
    „Wo ist die rote Linie? Der Fall Headley zeigt, Geheimdienste schaffen mitunter den Terror selbst, den sie eigentlich bekämpfen sollen.”11
  • Nur mit Aufklärung und konsequenter Strafverfolgung solcher zum Alltag gewordener „Kavaliersdelikte im Hunderte-Milliarden-Bereich“, von Massenmorden zur politischen Instrumentalisierung von Angst und parallel weit reichenden Programmen zur Aufwertung guter Arbeit im Rahmen gesellschaftspolitisch notwendiger Zielsetzungen können wir den Menschen Hoffnungen und Perspektiven eröffnen. Ihnen wieder Vertrauen in erstarrte und manipulierte Regelwerke ermöglichen. In einen Staat, der Perspektiven auf ein würdevolles Leben in Freiheit und Sicherheit für sie und ihre Familien gewährt. Und der ihnen die Möglichkeit zur Teilhabe am Auf- und Umbau von Staat und Gesellschaft ermöglicht. Jede(r) nach seinen oder ihren Kräften und Möglichkeiten.

„Wie soll das gehen?“ Höre ich da schon Einige fragen.
Die von Chris Hedges nach seiner zweijährigen Reise in die Abgründe der US vorgebrachten Forderungen sind da entsprechend auf Deutschland und Europa zu übertragen. Dies wird ja bald hier oben angeführt. Die US sind schon weiter am Abgrund als wir, was die soziale Spaltung der Gesellschaft betrifft. Obdachlosigkeit und explodierte Mieten in Ballungsräumen, die kein normal arbeitender Mensch mehr zahlen kann, sind schon längst die Regel, nicht die Ausnahme. Wir sind jedoch „auf dem besten Wege“ dahin. Es gibt also erstaunliche Übereinkünfte. Die Macht von Großkonzernen verdeckt immer mehr „Globale Probleme“, die nur mit internationaler Solidarität zu lösen sind. Eine Aufgabe auch für zukünftige Generationen. Angstfrei.

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