Der Islam ist nicht das Problem

salat -- prayer / From the Blue Mosque in Istanbul

Foto: Susanne Koch / CC BY-NC-SA 2.0

Es war die gestrige Ausgabe der Süddeutschen Zeitung, die mich dazu gebracht hat, diesen Beitrag fertigzustellen. Viele der Gedanken gehen mir seit Wochen durch den Kopf, ganz klar auch ausgelöst von dem schrecklichen Attentat auf die Redaktion der Satire-Zeitschrift „Charlie Hebdo“. Das eine war der Kommentar „Pilgerfahrt ins Mittelalter“. Robert Rossmann schreibt darin:

„Leider belassen es die Staats- und Regierungschefs aber nicht beim Kondolieren, sie machen einen Kotau.
In dem Land, das die Königsfamilie sich untertan gemacht hat, gelten Frauen nichts. Homosexuelle werden verfolgt, Blogger ausgepeitscht, Todesurteile öffentlich mit Säbeln vollstreckt. Es grenzt an eine Selbstaufgabe der Demokraten, wenn in London sogar die Fahnen am Parlament auf Halbmast gesetzt werden, weil König Abdullah gestorben ist.“

Das andere unter der Überschrift „Gespenstische Leere“ ein Artikel über die brutale Gewalt der Polizei Ägyptens am Revolutionstag. Darin heißt es: „Dann schießen plötzlich schwarz uniformierte und maskierte Polizisten mit Tränengas und Schrotkugeln auf den friedlichen Protestzug, wie Augenzeugen berichten.“ (SZ, 26.01.2015, Seite 6). Am Abend lese ich in der Online-Ausgabe, dass es 18 Tote und 54 Verletzte gegeben haben soll.

Eine Mittelalter-Theokratie und eine Militärdiktatur, das sind die Partner des aufgeklärten, humanistischen Westens in der arabischen Welt. Ägypten bekommt sogar wieder – nach Einschränkungen unter der Regierung Mursi – umfangreiche Militärhilfe aus den USA. Hier läuft etwas schief. Zumal die hier lebenden Muslime irgendwie schon mitverhaftet werden dafür, was zum Beispiel der Islamische Staat an Terror im Irak und in Syrien verbreitet. Deshalb ist es meines Erachtens zwingend, genauer hinzuschauen. Dazu im Folgenden einige unvollständige Gedanken, die zum Nachdenken, zur Diskussion anregen sollen.

Zunächst: es gibt nicht den Islam, es gibt nicht die eine Auslegung der Gelehrten. Neben Sunniten und Schiiten gibt es noch den Sufismus sowie die Ibaditen. Die Sunniten haben fünf Rechtsschulen, die Schiiten drei. Der Rechtsschule der Hanbaliten gehören etwa fünf Prozent der Sunniten an, damit ist es die kleinste. In Saudi-Arabien ist es dies allerdings die staatlich befolgte Rechtsschule – bei uns besser bekannt unter den Begriffen „Wahabiten“ bzw. „Wahabismus“. Auch der in Deutschland so viel erwähnte Salafismus ist dieser kleinen Minderheit zuzuordnen.

Dass in großen Teilen der arabischen Welt aktuell eine extrem konservative Auslegung auf dem Vormarsch ist, hat m.E. mit zwei Entwicklungen zu tun. Zum einen mit der Politik des Westens in den letzten 100 Jahren, also nach dem Zerfall des osmanischen Reiches. Zunächst haben Frankreich und England die Region zwischen Mittelmeer und dem Iran unter sich aufgeteilt und nach ihrem Gutdünken geschaltet und gewaltet. Dann nach dem Zweiten Weltkrieg ging das Drama weiter, seit dem Sturz der Regierung von Mohammad Mossadegh im Jahr 1953 durch CIA und MI6 sind die Amerikaner mit drin im Spiel ums Öl, denn darum ging es von Anfang an. Im Zuge dieses Sturzes entstand diese „wunderbare“ Allianz zwischen den USA und Saudi-Arabien, also dem Land, wo die Koranauslegung unter den Wahabiten rückständig und intolerant ist. Durch die Allianz mit den USA ist Saudi-Arabien das reichste und mächtigste Land in der Region geworden, der Wahabismus als Staatsreligion zugleich Exportartikel. Saudi-Arabien hat das Geld, überall auf der Welt Moscheen zu bauen. Wenn Muslime in Deutschland, in Frankreich, in den USA, in der Schweiz(!) leben, muss es ihnen auch gestattet werden, Moscheen zu bauen. Das gehört zur Religionsfreiheit, die in allen Unterzeichnerstaaten der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte zu garantieren ist. Wenn aber Saudi-Arabien oder die Golf-Emirate den Moschee-Bau finanzieren, könnte sich vor Ort ein Problem ergeben, wenn in diesen Moscheen selbstredend auch ein liberaler Islam gepredigt werden soll.

Zur Rolle des Westens: durch die Intervention des Westens, vor allem der USA ab 1991 (Zweiter Golfkrieg – George Bush sen.) ist die ganze arabische Welt erschüttert worden, alle Hoffnungen auf Veränderung nach dem Fall der Systemgegensätze zwischen Ost und West sind zerstoben. Über die Rolle des Westens habe ich Ende September hier bereits einen Beitrag veröffentlicht, auf den ich in diesem Zusammenhang gerne verweise.

Fatema Mernissi, Marokkanerin, Professorin für Soziologie, Kämpferin für die Rechte von Frauen in der arabischen Welt, schrieb 1992:

„Der Fall der Berliner Mauer und der Sturz von Menschen, Institutionen und Symbolen des Despotismus in Europa wurden als Ereignisse von universeller Tragweite erlebt, obwohl sie geographisch und ethnisch begrenzt waren. (…) Die Araber beiderlei Geschlechts, die von der Macht ausgeschlossen sind und täglich ein Leben führen, das um so reduzierter ist, je ineffizienter sich plötzlich für jene Völker des Nordens, die in den Straßen nach Freiheit und Gerechtigkeit riefen. (…)
Da tauchte – wie in den schlechten Wendungen der Erzählungen aus Tausendundeine Nacht – auf ihren Bildschirmen plötzlich eine andere Rasse auf, die sie schon vergessen hatten: alte Generäle mit ihren Käppis und Orden, identisch mit jenen der Kolonialarmee; voller Stolz zählten sie die Tonnen von Bomben, die sie über Bagdad abwarfen. (…)
Und diese Widersprüchlichkeit der Europäer gegenüber der Gewalt – und ich spreche in ethnischen Begriffen, da dieser Golfkrieg die Diskussion auf ein archaisches Niveau hat sinken lassen, das zweier wilder Stämme, die sich an den beiden Ufern des Mittelmeers verschanzt haben – haben die Verwirrung und diese Fassungslosigkeit in den Köpfen gestiftet. Niemals habe ich meine Kollegen im Norden als derart in ihrem Europäertum und mich als derart in meinem Arabertum festgefahren empfunden, jeder so archaisch in der unaufhebbaren Verschiedenheit befangen, wie auf meiner Reise nach Deutschland und Frankreich während des Krieges.“
Fatema Mernessi: Die Angst vor der Moderne, München, dtv, 1996, S. 11-14

Und all das, was nach dem zweiten Golfkrieg kam, hat keine Sicherheit entstehen lassen. Die in den meisten Phasen bedingungslose Unterstützung der israelischen Politik kommt hinzu. Es ist kein Zufall, dass dann 1993 Samuel Huntington, Berater des US-Außenministeriums, die politische Theorie des „Clash of Cultures“ erstmals veröffentlichte. Das gleichnamige Buch erschien dann 1996, der Islam wurde systematisch als Feindbild aufgebaut (nachdem der Systemgegensatz verlorengegangen war und ein Gegner zur Legitimierung der eigenen Militärmaschinerie und Rüstungsausgaben gefragt war). Der Westen hat zudem seitdem immer seine militärische Macht genutzt, wenn es ihm opportun war (Afghanistan, Irak, Libyen), Menschenrechtsverstöße z.B. der Saudis und der Ägypter (außer in der kurzen Regierungszeit von Mursi, als das ägyptische Millitär in der Defensive war) wurden und werden nie geahndet. Die USA und ihre Verbündeten haben aber kein Konzept für den Aufbau einer Zivilgesellschaft bzw. der Unterstützung der islamischen Welt zu deren Aufbau, man könnte auch glauben, kein Interesse daran. In Syrien wurde die zivile Opposition von Anfang an nicht unterstützt, sondern auf Waffengewalt gegen Assad gesetzt.

Wie soll unter diesen Bedingungen in der arabischen Welt die Pflanze von Demokratie und politischer Freiheit gedeihen? Wenn überhaupt, kann im Moment vor allem hier bei uns – in der islamischen Diaspora – eine moderne, an den an allen Menschenrechten orientierte Auslegung der Religion entwickelt werden, vielleicht mit Bezügen und Rückkoppelungen zu Ländern v.a. des westlichen Maghreb, die stabil sind (Marokko, Algerien, vielleicht Tunesien) und gewisse politische Freiheiten zulassen.

Damit wir diese Chance aber überhaupt nutzen können, ist es dringend erforderlich, sich der Verantwortung unserer westlichen Politik für Gewalt und Zerstörung bewusst zu sein und diese Politik zu beenden. Und es darf nicht sein, dass jeder hier lebende Muslim sich jetzt erklären muss “Wie hältst du es mit dem Islam?”

Der französische Soziologe Michel Wieviorka hat am 19.01. in der Süddeutschen gesagt, dass es in Frankreich nach dem Attentat auf Charlie Hebdo an die 50 Anschläge gegen muslimische Einrichtungen gegeben habe, Schweinsköpfe über Hauseingängen bis hin zu Brandstiftung. Und dann:

„Genauso schlimm ist aber der in sich widersprüchliche Bekenntniszwang, der allen Muslimen auferlegt wird: Sie sollen schwören, dass sie in erster Linie Bürger sind, nicht Mitglieder einer Glaubensgemeinschaft. Gleichzeitig soll jeder vo ihnen im Namen des Islam und in seiner Gemeinde erklären, dass er gegen Gewalt ist. Das ist Double-Bind: Tun Sie das, was ich Ihnen verbiete zu tun. Ich sage das als Jude: Wenn ich Muslim wäre, wäre ich sehr wütend. Warum muss ich mich als Bürger nach jedem Anschlag rechtfertigen? Das ist Rassismus und zeigt, wie heruntergekommen unser republikanisches Modell ist. Als Muslim bin ich nie „gleich“, sondern a priori verdächtig.“
SZ, 19.01.2015, Seite 9

So kann eine Zivilgesellschaft nicht gedeihen, wir müssen aufeinander zugehen und miteinander ins Gespräch kommen.

Friedrich Schorlemmer sagte September des vergangenen Jahres folgende mahnenden Worte:

„Die Haut der Zivilisation ist dünn. Sehr dünn. Auch wir Bürger der aufgeklärten Länder mit Demokratie und gewaltloser, rechtlich gebundener Konfliktlösungsmechanismen sind nicht “garantiert” geschützt vor dem Rückfall in Barbarei und sei es als emotional aufgeladene Antwort auf Barbarei. Wir stehen vor Abgründen und wir sind ein Abgrund. Lessings Kampf und Nathans Pathos sind nie zu Ende und werden immer gebraucht werden, wenn wir einander als Menschen ganz anerkennen wollen.“
Kamenzer Kanzelrede “Die rechte und die linke Hand Gottes. Die Chancen der Aufklärung und die Fallen des Fundamentalismus“, 11.09.2014

Bildquelle: Susanne Koch / CC BY-NC-SA 2.0

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4 Gedanken zu „Der Islam ist nicht das Problem

  1. Andreas Schlutter Beitragsautor

    Auf “le Bohémien” ist übrigens vor zwei Tagen ein Artikel erschienen mit dem Titel “Der Führer des IS ist tot“. Hier geht es anlässlich des Todes von König Abdullah und der Doppelbödigkeit des Westens beim Versuch, Saudi-Arabien als guten Partner des Westens darzustellen. Zu offensichtlich sind die ideologischen Parallelen zum IS, auch die vorherige mutmaßliche Unterstützung der Terror-Organisation ist nicht widerlegt.

  2. Ludger Elmer

    Reden wir also über unsere Gesellschaft! Einen Zwang zur Integration gibt es nicht: “Eine Integrationspflicht verstösst gegen das Grundgesetz.” so Ingo Schulze am 27.1. in der SZ, Seite 9 “Nützliche Idioten”. Integration muss also immer zuerst ein Angebot sein, sprachlich, kulturell und sozial. Aber wer ist schon bereit dazu bei uns? Eine Integrationsbereitschaft, die dürfen wir erwarten.
    Gehen wir davon aus, dass das Grundgesetz und unsere Rechtsstaatlichkeit die Basis für unser Zusammenleben darstellen. Wer sich daran hält, darf jeden oder gar keinen Glauben haben, darüber sind wir uns einig! Was ist dann mit jenen Dingen, die sich in den sog. Parallelgesellschaften abspielen? Haben wir uns genügend darum gekümmert? Sind wir entschieden dagegen vorgegangen? Oder haben wir das Pegida überlassen?
    Haben wir also gefragt, ob die Scharia-Gerichte legal sind? Oder haben wir die Tatsache, dass ein sicherlich umstrittener Journalist wie Hamed Abdel-Samad auf einer Todesliste steht, auch wirklich zur Kenntnis genommen und verurteilt?
    Wie weit geht bei uns der Konsens darüber, dass es uns egal ist, ob ein Mädchen mit Kopftuch daherkommt oder in der ZDF-Kochshow ein junger Mann jeden Tag mit Mütze auftritt ?
    Die Heuchelei unseres Sports, der so sehr die Medien benötigt, in Sachen Menschenrechten ist wirklich nicht mehr zu ertragen, da sind sie genauso feige wie der israelische Ministerpräsident Netanjahu, der sich bei der gefaketen Demo in Paris in die erste Reihe gemogelt hat.
    Es mag zwar Ironie und Spott in der freien Meinungsäusserung erlaubt sein, aber muss es nicht auch eine Rücksicht auf die religiösen Gefühle geben? Muss man alles schreiben, was erlaubt ist? Oder ist eine Rücksichtnahme hier schon eine Einschränkung der Meinungsfreiheit?

    1. Ludger Elmer

      Statt eines weiteren Kommentars nur ein Link:

      http://www.perlentaucher.de/essay/die-schule-der-kritik.html

      und ein Auszug:

      “Aber auch der Islam darf nicht mit “Respekt” eingemauert werden: Wieso sollen in Europa und in Deutschland für den Islam andere Standards gelten als für die katholische oder protestantische Kirche? Der Islam in seiner heutigen vorherrschenden Verfassung, seine Vereinsvertreter, sein Religionsunterricht, seine Jugendsozialarbeit, seine Geschlechter- und Bildungspolitik haben ebenso demokratische Kritik verdient wie die christlichen Kirchen. Diese Kritik darf ebenso sein wie die Kritik von Pussy Riot an der russisch-orthodoxen Kirche, wie die von Titanic am Papst, wie die der Feministinnen an einer patriarchalen Theologie und Bibelinterpretation. Dieses Recht wurde seit 1848 und seit der Französischen Revolution erkämpft, nicht zuletzt von Vordenkerinnen in Frankreich.

      Seitdem dürfen wir sagen, dass das Christentum etwas mit Dummheit, Unbildung, Vorurteilen, Antisemitismus, mit Missionierung und und Kolonisierung, mit Hexenverfolgungen,mit Inquisition zu tun hatte. So wie die “Deutschen Christen” etwas mit dem Christentum zu tun hatten, die Bekennende Kirche und die christlichen Märtyrer gegen den Naziterror aber auch.

      Warum hat es ausgerechnet in der linken und linksliberalen Szene und bei den Grünen so viele Feigheit und Ignoranz gegenüber dem Islam und dem Islamismus gegeben, obwohl Journalisten, Experten, Professoren, Schriftsteller oder grüne Politikerinnen doch durch die Schule der Kritik am Christentum und der katholischen Kirche aber auch an der Rolle von Frauen und Sexualität in der protestantischen Kirche gegangen sind? “

      1. Andreas Schlutter Beitragsautor

        Ich bin sicher nicht mit allem einverstanden, was Eva Quistorp schreibt, aber folgendes Zitat aus dem beim Perlentaucher erschienenen Essay erscheint mir wichtig, wenn es darum geht, die Ursachen herauszuarbeiten und Gegenstrategien durchzusetzen:

        Ich kann hier nicht eingehen auf die Geschichte und das Ölgeld und die Geostrategien und Terrorkriegführung, an der Saudi Arabien und Katar und teils auch die Türkei, Pakistan und Iran in den letzten Jahren beteiligt waren. Recherchen hierüber sind wichtiger als Recherchen über Pegida-Webseiten, denn diese Staaten sind gefährlicher und haben Hunderttausende zur Flucht aus Irak und Syrien getrieben. Vom Terrorismus der Boko Haram und islamistischer Gewalt in Afrika abgesehen.
        Wer meint, der Islamismus hätte nichts mit dem Islam in Saudi Arabien oder Pakistan zu tun, irrt gewaltig.

        Die westliche Politik orientiert sich eben international nicht an Menschenrechten und dem Ziel, den Frieden durchzusetzen. Sondern geostrategische Interessen entscheiden darüber, wer mal Freund und mal Feind ist, man erinnere sich nur an Saddam Hussein. Solange es gegen den Iran ging, wurde er hofiert und mit Waffen versorgt. Als er sich dann nach rechts umgedreht hat und in Kuwait einmarschiert ist, war’s aus mit der Unterstützung des Westens. Kuwait war halt der wichtigere Partner, damals noch eine absolute Monarchie ohne Parlament.
        Oder man nehme die oben zitierte Liste der Bündnispartner des Westens, die zugleich immer wieder Paten des Terrors sind. Es geht um Macht, um Einfluss, um ideologische und wirtschaftliche Hegemonie, um Rohstoffsicherheit – aber niemals um die Rechte der Menschen in der Region. Das ist ein Grundübel der westlichen Politik, die damit zur Radikalisierung einer Jugend ohne Zukunftsperspektive in vielen islamischen Staaten einträgt.

        Und im Inneren haben die europäischen Länder sicher ihre je eigene Geschichte mit der islamischen Welt. In Frankreich leben viele junge Menschen nun mal vergessen in den Banlieus, sie sind Kinder z.B. algerischer Zuwanderer – zwar alle mit französischem Pass, aber oft ohne Perspektive. Und oben drauf kommt dann die bis heute in Frankreich wohl nicht aufgearbeitete Geschichte des Algerienkriegs, in dem es zu massivsten Menschenrechtsverletzungen seitens des französischen Militärs kam. Hier kommen vermutlich zwei Punkte zusammen, die historischen Traumata und die aktuell brennende soziale Frage.

        Auch in Deutschland ist der Zusammenhang zwischen der Verrohung der Gesellschaft und der Zuspitzung der sozialen Frage in den letzten 15 Jahren zu beobachten. Hier ist der Hebel anzusetzen, um zu einer innergesellschaftlichen Befriedung zu kommen. Sei es, durch ein soziokulturelles Existenzminimum in Würde tatsächlich ohne Einschränkung für alle , sei es durch Besteuerung der großen Vermögen, sei es durch gute Bildungschancen für alle unabhängig vom sozialen Status der Eltern, sei es durch Abwesenheit von Kinderarmut. Das wird uns die Politik nicht schenken, das müssen wir uns schon selber erkämpfen.

        Ingo Schulze hat es übrigens in seinem Beitrag am 27.01. in der Süddeutschen auf den Punkt gebracht:

        “Lieber gegen TTIP demonstrieren, als mit Pegida flanieren!” Und während sich der Demonstrationszug in Richtung Kanzleramt in Bewegung setzte, dachte ich: Das müssten sie sehen, die Pegida-Dresdner, ihre Befürworter und ihre Gegendemonstranten.
        Aber von diesen Demonstranten hörte und las man erstaunlich wenig. Alle Journalisten, mit denen ich in den letzten Tagen sprach, wussten kaum, was ich meinte, wenn ich die fünfzigtausend (oder mehr) Demonstranten erwähnte, die ohne nennenswertes Polizeiaufgebot gegen die Politik der Bundesregierung auf die Straße gegangen waren. Hier wurde die Alternative sichtbar. Wir alle hätten nur hinhören und hinsehen müssen. Ja, müssen.
        Quelle: Nützliche Idioten

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