Unbequeme Tatsachen kann man ja ignorieren …

Bild:  EuroCrisisExplained .co.uk / CC BY 2.0

Dieses Verhalten der Bundesregierung ist anscheinend schon vorhersehbar: Aus Anlass der Vorstellung des Jahreswirtschaftsberichts durch den Bundeswirtschaftsminister am 28.01.2015 hat sich der Volkswirtschaftler Flassbeck aus dem Fenster gelehnt und darauf gewettet, dass eine wichtige Zahl aus diesem Bericht nicht genannt wird:
Wetten, dass …
….. und er hat gewonnen:
Wette gewonnen!

Es geht um den geplanten “Außenbeitrag” von ca. 206 Milliarden Euro, d.h. immerhin 6,8% des deutschen Bruttoinlandsprodukts. Dieser Außenbeitrag entspricht in etwa dem Exportüberschuss, also der Differenz zwischen den Exporten von Deutschland und den Importen nach Deutschland. Diese Differenz müssen andere Länder bezahlen, damit “Mutti Merkel” dann wieder stolz verkünden kann: “Es geht uns doch gut!”. (Dabei merken wir vor lauter Sparen nichts davon, dass es uns so gut geht.) Zahlen muss also das Ausland, u.a. auch viele EU-Länder. Seit 2000 ist dieser Überschuss massiv angewachsen, aber auch vorher lag er schon deutlich im Plus.

Schon der Wirtschaftsminister Karl Schiller hat 1967 erkannt, dass ein dauerhaft gedeihlicher Außenhandel nur im Umfeld eines “Außenwirtschaftlichen Gleichgewichts” stattfinden kann:
Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft
Außenwirtschaftliches_Gleichgewicht
Ob Deutschland de jure gegen das “Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft” verstößt kann ich nicht beurteilen. Dass seit mittlerweile vielen Jahren entgegen dem Sinn dieses Gesetzes gewirtschaftet wird, ist jedoch nicht zu bestreiten.

In den letzten Jahren mehren sich auch die Stimmen aus dem Ausland, die von Deutschland Maßnahmen zur Reduzierung des Ungleichgewichts fordern. Schließlich ist Deutschland maßgeblich für dieses Ungleichgewicht verantwortlich. Warum? Weil Deutschland sich nicht an die für die Währungsunion verabredete Zielinflationsrate von knapp 2% hält. Weil Deutschland mit Niedriglöhnen, von denen viele nicht leben können, mit Rentenkürzungen, allgemein mit zunehmender Demontage des Sozialstaates die anderen EU-Länder niederkonkurriert. Und weil die von der Bundesregierung gewünschten und von der Troika verordneten Sparmaßnahmen die Krisenländer zunehmend in die Deflation treiben.

Das ist dem deutschen Wirtschaftsminister aber anscheinend egal. Die Zahl im Wirtschaftsplan wird von ihm totgeschwiegen, ein Journalist in der Pressekonferenz bekam keine Antwort. Und im Bundestag bekam Michael Schlecht (Die Linke) von Dirk Becker (SPD) eine Antwort, die zeigt, dass letzterer das Problem nicht verstanden hat. Siehe Das Hohe Haus in voller Aktion Die deutsche Bundesregierung, allen voran “Mutti Merkel”, will also nichts tun, um zu mehr Gleichgewicht zu kommen.

Betrachten wir mal die Situation in den hoch verschuldeten Krisenstaaten der EU. Woher kommen denn diese Schulden? U.a. doch aus dem Ungleichgewicht im Außenhandel! Die Exportüberschüsse von Deutschland sind die Schulden der Anderen! Und das soll so weitergehen??? Soll die Bevölkerung in den Krisenstaaten noch weiter verarmen, ohne dass eine Verbesserung der Situation erkennbar ist? Wirkliche Hilfen haben diese Staaten ja kaum bekommen. Nur weitere Kredite! Mit dem Effekt, dass im Falle Griechenland der Schuldenstand von 110% des BIP auf 180% des BIP gestiegen ist. Tolle Hilfe!

Und ganz aktuell hat “(Raben-)Mutti Merkel” nochmal bekräftigt, dass es keinen weiteren Schuldenschnitt gibt. Deutschland soll weiter Exportüberschüsse machen, aber die dadurch erzeugten Schulden gehen uns nichts an! Die Einen profitieren und die Anderen leiden. Ein Konzept, das aus der verfahrenen Situation herausführen könnte, scheint in der GroKo und der EU-Führung nicht bekannt zu sein. Also machen wir weiter so, die Starken gegen die Schwachen. Eine tolle Union, diese EU!

Übrigens: Wir, die “normale” Bevölkerung, die nicht von Kapitaleinkommen leben kann, wir gehören nicht unbedingt zu den “Einen”: Wir müssen das Lohndumping, die Rentenkürzungen, die allgemeine Demontage des Sozialstaates ausbaden! Geht es Ihnen gut damit?
Falls nicht: Sie können gerne an der Mailaktion von Heiner Flassbeck teilnehmen. (siehe am Ende des 2. oben verlinkten Beitrags, “Wette gewonnen!”)

Willi

Bildquelle: EuroCrisisExplained .co.uk / CC BY 2.0

Beitrag versenden

Drucken

This page as PDF