Watergate im Bundeskanzleramt

Realsatire Dem Vernehmen nach hat der BND jahrelang mit Wissen des Bundeskanzleramtes dem NSA Schützenhilfe bei der Industriespionage deutscher Unternehmen geleistet.

Ein Gastbeitrag von blog1

Im Bundeskanzleramt treffen sich Bundeskanzlerin Angela Merkel, Kanzleramtsminister Peter Altmaier, der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU Volker Kauder sowie Innenminister Thomas de Maiziere zu einem Krisengipfel in Sachen BND-NSA-Affäre. Es ist Feuer unter dem Dach. So wie es aussieht, wurden deutsche Unternehmen systematisch vom NSA ausspioniert und das mit tatkräftiger Unterstützung des deutschen Auslandsgeheimdienstes BND. In dem Besprechungsraum wurden Jalousien angebracht, eine Spezialanfertigung, die aus einer streng geheimen Legierung besteht und als abhörsicher gilt. Schließlich ist die US-amerikanische  Botschaft nicht weit vom Bundeskanzleramt entfernt. Auch mussten alle Teilnehmer ihr Smartphones abgeben und mussten sich vor dem Sitzungssaal einer Leibesvisitation unterziehen, um sicher zu gehen, dass auch alle wirklich „sauber“ sind.

Merkel: Meine Herren, die Lage ist ernst. Wir sind ja jetzt quasi unter uns. Deshalb habe ich bewusst niemand von der SPD eingeladen und auf Herrn Seehofer kann ich gerne auch verzichten. Wir müssen darüber reden, wer in unserem Land über welche Informationen verfügt, die er gegebenenfalls gar nicht, nicht vollständig oder – was noch schlimmer ist – an die falsche Stelle weiter geleitet hat.

Altmeier: Sehr unangenehm das Ganze. Es ist aber auch zum Davonlaufen. Überall, wo man hinschaut, nichts als Whistleblower. Nichts bleibt geheim. Dabei können Geheimnisse so etwas Schönes sein.

Kauder: Bist Du jetzt unter die Philosophen gegangen, mein lieber Peter. Das mit dem BND ist unerträglich. Jetzt haben wir 3 Geheimdienste in Deutschland und die scheinen zu machen, was sie wollen, entziehen sich jeglicher Kontrolle. Also, wenn meine Fraktion mit einem Hühnerstall vergleichbar ist, dann ist der BND ein regelrechter Sauhaufen.

de Maizière: Das mit dem Snowden, war nach meiner Zeit. Das fällt in die Ära meines hochgeschätzten Kollegen Pofalla. Ich kann mich nicht daran erinnern, was damals vorgefallen ist und wenn ich mich daran erinnern könnte, dann müsste ich es gleich wieder vergessen, weil es ja streng geheim ist. Man stelle sich nur einmal vor, mir wird ein Wahrheitsserum gespritzt und mir würde all das wieder einfallen, was ich damals hätte wissen müssen.

Merkel: Mit Verlaub, mein lieber Thomas, Du redest ziemlichen Stuss. In deine Amtszeit als Kanzleramtsminister fällt doch der erste Vermerk des BND, in dem darauf hingewiesen wird, dass der US-amerikanischen Geheimdienst NSA ein doch leicht übersteigertes Informationsbedürfnis an den Tag legt. Und dabei drücke ich mich noch sehr zurückhaltend aus.

Kauder: Also, dieser US-General, der in Bad Aibling in dieser Blechdose hockt und offensichtlich einen paranoiden Umgang mit den dortigen Mitarbeiter des BND pflegt, war mir schon immer ein Dorn im Auge. Allein schon die Tatsache, dass er kein Deutsch spricht, ist mir zutiefst suspekt.

de Maizière: Es kann doch nicht angehen, dass jetzt alles auf meinem Rücken abgeladen wird. Ich habe immer nur meine Pflicht getan und meine mich daran zu erinnern, dass ich Dir, liebe Angela, ordnungsgemäß über diesen Vermerk des BND berichtet habe. Nur war damals bei Dir keine entsprechende Sensibilität hierzu vorhanden. Unsere amerikanischen Freunde sind seit dem 9/11 in einer Art paranoiden Schockstarre. Das ist doch kein Geheimnis.

Merkel: Solche Ausreden kann ich nicht gelten lassen, mein lieber Thomas. Die deutsche Industrie ist im höchsten Maße verunsichert. Das können wir uns nicht leisten, im wahrsten Sinne des Wortes sozusagen. Jetzt haben über 2.000 Personen führender deutscher Unternehmen und diverser Verbände ungehinderten Zugang zum Reichstag, befinden sich quasi in einem ständigen konstruktiven Dialog mit unseren Volksvertretern und nun das. Wir müssen dringend dafür sorgen, wie wir das verlorengegangene Vertrauen unserer Leistungsträger wieder zurückgewinnen können. Ich werde das zur Chefsache machen.

Altmaier: Nach allem, was wir wissen, gab es doch überhaupt keine Industriespionage. Wir müssen doch lediglich beweisen, dass die Geheimnisverräter aus den Reihen der Unternehmen selbst kommen. Eine Heerschar von Headhuntern ist doch permanent damit beschäftigt, gute Leute abzuwerben. Die nehmen doch auch ihre Köpfe mit und deren Inhalt oder liege ich da so falsch.

Kauder: Keine schlechte Idee, wenn wir den „schwarzer Peter“ in eine andere Ecke schieben. Wir könnten das Ganze auch auf die rot/grüne Schröder-Regierung abwälzen. Damals wurde doch unter der Federführung von Herrn Steinmeier das „Memorandum of Understanding“ mit der USA vereinbart.

de Maizière: Wenn wir schon beim „schwarzen Peter-Spiel sind, dann wäre doch auch unser Ronald eine ideale Zielperson. Er hat diese unangenehme Eigenschaft, Dinge für beendet zu erklären, die er vorher nicht zu Ende gedacht hat.

Merkel: Mein Understanding für derartige Vorgänge erschöpft sich langsam. Ob nun Big Data, Prism, Tempora dafür verantwortlich sind, dass ich, die mächtigste Frau der Welt, abgehört und ausgespäht werde, ist mir ziemlich egal. Jedenfalls muss das jetzt ein für allemal aufhören. Apropos Ende, mein lieber Thomas. Wie verhält es sich eigentlich mit dem Programm Eikonal, das an dem zentralen Datenknoten in Frankfurt installiert wurde. Wurde dieses Programm mittlerweile gelöscht?

de Maizière:  Das Programm lässt sich meines Wissens nicht abschalten, weil es ein so genannter „Wurm“ ist, der sich ungehindert vermehrt, sprich aus jeden gelöschten Wurm entstehen 10 neue Würmer. Diese Mutanten besitzen die erstaunliche Fähigkeit so genannte „Back-Doors“ auf anderen Computern zu installieren, die dann einen ungehinderten Zugang für all diejenigen ermöglichen, die über den Zugangscode verfügen. Das könnten auch Kriminelle sein.

Kauder: Das ist ja unfassbar. Im Prinzip verstehe ich jetzt gar nichts mehr. Bislang habe ich immer gedacht, dass das Programm Eikonal nach Suchbegriffen selektiert und der BND hat immerhin 40.000 Suchanfragen des NSA abgelehnt. Gerade mal 2.000 Suchanfragen sind ihm sozusagen durchgeschlüpft. Also, mit dieser 5%-igen Fehlerquote können wir doch leben.

Merkel: Können wir gerade nicht, mein lieber Volker, weil wir nicht wissen, was diese Wurmmutanten sonst noch alles können und solange wir das nicht wissen, tappen wir weiter im Dunkeln.

Altmaier: Deshalb müssen wir jetzt digital aufrüsten und eine Cyber-Spezialeinheit ins Leben rufen, die auf Augenhöhe mit den Facilitäten der US-Amerikaner steht und jederzeit in der Lage ist, geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen bzw. präventiv zu agieren.

Kauder: Das ist schon was dran, mein lieber Peter. Als die Amerikaner im 18. Und 19. Jahrhundert mit ihren Planwagen den Westen der USA in Besitz nahmen, hätte doch keiner gedacht, dass heute vom Westen aus der Siegeszug der Silicon-Valley-Cyber-War-Einheiten in Gang gesetzt wurde. Jetzt sind wir hier in Deutschland quasi die Indianer, die in ihren Wigwams sitzen und den Cyber-Attacken von Google, Facebook, Microsoft, Apple und wie sie alle heißen nahezu schutzlos ausgeliefert sind. Die stecken doch mit der NSA unter einer Decke oder woher kommen denn sonst die entsprechenden Programmierkapazitäten.

de Maizière: So ein deutscher Cyber-FBI wäre nicht das Schlechteste. Wir brauchen jetzt ein Vorwärtsstrategie, um von den Unzulänglichkeiten, die überwiegend struktureller Natur sind, na sagen wir mal …….

Merkel: … abzulenken meinst Du wohl. Aber eines sage ich dir gleich, mein lieber Thomas. Nochmals lasse ich nicht zu, dass Du deinen Kopf aus der Schlinge ziehst. Aber nachdem u.U. auch mein Kopf mit dran hängt, wollen wir es jetzt gut sein lassen. Und an Euch lieber Volker und Peter erteile ich den Auftrag, zu ventilieren, inwieweit Möglichkeiten bestehen, diesen Cyber-FBI ins Leben zu rufen, was das kostet, welche Aufgaben von dieser Einheit wahrgenommen werden und vor allem, wer die Leute überwacht.

Die Sitzung ist beendet, die Jalousien werden wieder hoch gelassen. Vor der Türe des Sitzungssaales erhalten die Teilnehmer ihre Smartphones zurück. Die Bundeskanzlerin möchte gerne wissen, wie das Wetter morgen wird. Peter Altmaier, dienstbeflissen wie er nun mal ist, antwortet prompt „Einen kleinen Moment liebe Angela, ich rufe schnell mal meine Wetter-App auf“. Die Bundeskanzlerin antwortet sichtlich irritiert „Das machst Du nicht, Peter. Ich erteile ab sofort die Anweisung, dass alle Apps gelöscht werden und zwar ohne Ausnahme“. Das soll noch einer sagen, unsere Bundeskanzlerin ist nicht lernfähig.

blog1 ist natürlich ein Pseudonym. Unter diesem Namen veröffentlicht ein uns bekannter kritischer Geist regelmäßig Realsatiren in der Freitag-Community. Dieser Beitrag ist zeitgleich ebenfalls dort erschienen.

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