SPD-Vorsitz: Radikales Profil ist gefordert!

Steuern - Der große Bluff

Quelle: Kiwi Verlag

Seit dem 1.9. läuft der Showdown zur Wahl der neuen SPD-Vorsitzenden. Die Kandidaten stellen sich in einer Reihe von Informationsveranstaltungen vor. In mehreren Artikeln auf der Webseite des SPD-Ortsvereins Weichs sind diverse Anforderungen an die Kandidaten formuliert.

Einer der Kandidaten ist Norbert Walter-Borjans, der von 2010 bis 2017 Finanzminister von NRW war. Durch den Ankauf von Daten über Steuerhinterzieher hat er dem Gemeinwesen Milliarden von Steuergeldern gesichert. Walter-Borjans kandidiert zusammen mit der Bundestagsabgeordneten Saskia Esken.

Hier erfolgt nun eine Auflistung unterschiedlicher Anforderungen an die Kandidaten ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

 

Radikales Profil (1) Der Fall Lübcke

“Worte wie Gift” so hat Ferdos Forudastan ihren Leitartikel in der SZ am 19.6. überschrieben und führt aus, dass für das gesellschaftliche Klima alle Verantwortung tragen und die Politiker seien die Vorbilder – im Guten wie im Schlechten.

Und sie schreibt weiter:

“Aber was die Demokraten betrifft: Bitte nie mehr mit Blick auf die Situation an den Grenzen von der “Herrschaft des Unrechts” sprechen oder davon, “bis zur letzten Patrone” gegen illegale Migration kämpfen zu wollen, wie dies einst der CSU-Mann Horst Seehofer tat. Bitte nie mehr im Zusammenhang von Flüchtlingen über “Kontrollverlust” reden, wie einst sein Parteifreund Markus Söder.”

Und sie beendet ihren Kommentar:

“Das muss eine der Lehren aus dieser Tat sein: Sie kommt nicht aus dem Nichts. Sie gedeiht in einem Klima. Für dieses Klima sind zwar auch all die verantwortlich, die unter Pseudonym herumtwittern. Aber nicht nur sie.”

Welche Konsequenzen ziehen wir daraus?

 

Radikales Profil (2) Spekulationsbremse

Die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz und kommissarische SPD-Vorsitzende Malu Dreyer spricht es deutlich aus: “Kommunen müssen nicht genutzte Baugrundstücke mit höheren Abgaben belegen können”, sagte sie dem Handelsblatt.

“Denn häufig würden Grundstücke in guten Lagen nicht gekauft, um Wohnraum zu schaffen, sondern um sie einige Zeit brachliegen zu lassen und dann gewinnbringend weiterzuverkaufen.” (SZ vom 22./23. Juni 2019)

Malu Dreyer sagt: “Wenn die öffentliche Hand Grundstücke verkauft, soll eine Baupflicht im Kaufvertrag festgeschrieben werden.”

Was hindert uns daran, die Baupflicht gesetzlich festzulegen?

 

Radikales Profil (3) Zivile Seenotrettung

Mehrere NGO’s, Amnesty International, Ärzte ohne Grenzen, die grossen Kirchen, Papst Franziskus, der Europarat – sie alle haben ihre Stimme erhoben und die Diffamierung und Schikanierung der zivilen Seenotrettung angeprangert. Privatpersonen, die Seenotrettung betreiben, werden in der EU administrativ und juristisch belangt.

Zwischen 2015 und 2018 sind im Mittelmeer mindestens 12.000 Flüchtlinge ertrunken.

“Anfang Juni hat nun auch die Evangelische Kirche in Deutschland Position bezogen. “Das Mittelmeer ist weiterhin die tödlichste Grenze weltweit”, heißt es im Appell von Palermo, den der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm sowie der Bürgermeister der sizilianischen Stadt Palermo, Leoluca Orlando, am 3. Juni unterzeichnet haben: “Viele sterben in diesen Tagen ungesehen, ohne in den Statistiken erfasst zu sein. Europa steht jetzt vor der Wahl: Wollen wir 2019 helfen oder wegschauen?”[10] Bedford-Strohm und Orlando fordern: “Die Kriminalisierung der zivilen Seenotrettung muss ein Ende haben. Jetzt!” Davon abgesehen müsse “Seenotrettung … auch eine staatliche Aufgabe bleiben”: “Deutschland sollte hier ein Zeichen setzen und Schiffe entsenden!” Davon ist die Bundesregierung freilich weit entfernt.”

Wo bleibt unsere eindeutige Stellungnahme als Baustein einer humanen Flüchtlingspolitik? Wo ist unser Eintreten für die zivilen Fluchthelfer?

 

Radikales Profil (4) Abschied von der Schwarzen Null

Es kann nicht sein, dass der Staat Schulden abbaut, während andererseits die öffentliche Infrastrukur (Straßen, Schulen, Kanäle, Gesundheitsversorgung, Bildung) verfällt und die soziale Ungleichheit steigt.
Eine Gruppe junger Abgeordneter in der SPD Bundestagsfraktion formuliert Grundsätze einer neuen Wirtschafts- und Finanzpolitik mit folgenden Merkmalen:

1 Sicherheit wird nicht nur als innere und äussere, also physisches Grundrecht sondern auch als soziale Forderung definiert. Diese beinhaltet das Recht, z.B. ohne soziale Ängste altern zu können. Es wird somit Zeit, dass das in der ersten Phase der Kandidatur von Martin Schulz erstellte Sozialstaatskonzept (ALG Q mit dreijähriger Laufzeit) wieder aufgegriffen wird.

2 Güter der öffentlichen Daseinsvorsorge dürfen nicht finanzwirtschaftlicher Spekulation ausgesetzt werden:

“Denn wir wollen die Schwächsten unserer Gesellschaft vor dem Wettbewerb schützen und deshalb dürfen öffentliche Dienstleistungen nicht aus rein betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten beurteilt werden.

3 Durch öffentliche Investitionen ist mehr als der Verschleiß der Infrastruktur auszugleichen, sie sind eben auch durch Kredite zu finanzieren, die Schwarze Null und die Schuldenbremse sind zu überwinden. Die ökologischen Herausforderungen des Klimawandels erfordern Investitionen. Die Prinzipien der schwäbischen Hausfrau sind
über Bord zu werfen. Gesamtwirtschaftlich gibt es keine Ersparnisse, wenn es Fortschritt, Erneuerung und Investitionen geben soll.

4 Das Steueraufkommen ist leistungsgerecht zu erbringen. Die Abgeordneten fordern daher:

“Dazu ist eine Vermögensteuer mit progressiver Ausgestaltung ebenso notwendig wie eine effektive Besteuerung von Millionen-Erbschaften und eine Bodenwertzuwachssteuer, um leistungslose Bodenwertsteigerungen an die Gesellschaft zurückzugeben. Auch wollen wir sämtliche Finanztransaktionen besteuern sowie Kapitaleinkünfte konsequent nach dem Einkommensteuersatz behandeln. Ein Ende des Solidaritätszuschlages auch für die oberen zehn Prozent der Einkommensbeziehenden kann es dann geben, wenn dieser Personenkreis einen entsprechend höheren Beitrag in der Einkommensteuer leistet. Und schließlich erfordert das digitale Zeitalter, Digitalunternehmen endlich zu besteuern und die grenzüberschreitende Steuervermeidung zu beenden. Denn es darf nicht länger sein, dass die Gewinn- und Vermögensteuern nur ein Fünftel zum gesamten Steueraufkommen beitragen, während zusätzlich viele große Konzerne aggressive Steuervermeidungsstrategien nutzen. Hinzu kommt, dass in den letzten Jahrzehnten die Reichen finanziell geschont und entlastet wurden, oft auf Kosten der Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen. Diesen Trend wollen wir umkehren.”

Der ökologische Fußabdruck erfordert eine Wende in der Steuerpolitik.

Sorgen wir dafür, dass die Forderungen der jungen Abgeordneten eine mehrheitliche Zustimmung in der Fraktion, im Parteivorstand, in der zukünftigen Parteispitze und in der Mitgliederbasis erhalten!

 

Radikales Profil (5) Wirtschaftspolitische Kompetenz

Es war einmal eine Große Koalition, die hatte sehr gute volks- und finanzwirtschaftliche Kompetenz. Wirtschaftsminister in dieser Regierung unter Kanzler Kiesinger (CDU) war Karl Schiller (SPD), Finanzminister war Franz-Joseph Strauß (CSU). Diese Regierung verabschiedete 1967 ein Stabilitäts- und Wachstumsgesetz und verpflichtete die Wirtschaftspolitik auf die Einhaltung der gesamtwirtschaftlichen Ziele Preisniveaustabilität, hohen Beschäftigungsstand, außenwirtschaftliches Gleichgewicht bei stetigem und angemessenen Wirtschaftswachstum, das magische Viereck der Wirtschaftspolitik. Diese war aufgefordert, die Zielvorgaben durch entsprechende Haushalts- und Konjunkturpolitik, genannt Globalsteuerung zu erfüllen.

Heute fühlt sich die Politik diesem Gesetz nicht mehr verpflichtet. Stabilitätsvorgaben im Rahmen der EU-Fiskalsteuerung, unterstützt durch die Geldpolitik der Zentralbanken, sichern vorwiegend die Preisniveaustabilität. Prekäre Beschäftigung bei uns sowie hohe Arbeitslosigkeit in Südeuropa verletzen ständig die Zielsetzung eines hohen Beschäftigungsgrades.

Die Einführung der neoliberalen Agenda 2010 (Sozialabbau, Steuersenkungen für Reiche und Konzerne, Privatisierungen und Dominanz der Finanzmärkte) konnte nur erfolgen, weil vorher die letzten Wirtschafts- und Finanzfachleute in der SPD – Oskar Lafontaine und sein Berater Heiner Flassbeck – zurückgetreten waren.

Seitdem wird der Lohnentwicklung als nachfrageseitiger Stabilisator der Beschäftigung viel zu wenig Gewicht gegeben. Die SPD versteht sich vorwiegend als korrigierende Verteilungskraft. Sie hat nicht verstanden, welche Rolle die Löhne wirklich spielen. Wird der produktivitätsorientierten Lohnpolitik (Lohnsteigerungen sind gleich Produktivitätsfortschritt plus Inflationsrate) nicht gefolgt, dann sinkt die Lohnquote (der Anteil der Arbeitnehmer am Volkseinkommen). Diese betrug in den 90’er Jahren bis 2003 zwischen 70 und 72% und fiel dann zeitweise auf unter 65%.

Der von Rot-Grün geschaffene Niedriglohnsektor, auf den der damalige Bundeskanzler Schröder so stolz war und die mangelnde Tarifbindung haben die Verhandlungsmacht der Gewerkschaften geschwächt. Neoliberale Politik war immer danach bestrebt, die Angebotsseite der Wirtschaft durch niedrige Löhne und Zinsen zu stärken. Exportseitig hat die Einführung des Euro der deutschen Wirtschaft geholfen. Niedrige Lohnabschlüsse unter dem Produktivitätsfortschritt haben bei stabilem Wechselkurs die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands erhöht.

Trotz der Exporterfolge bleibt der Sockel der strukturellen Arbeitslosigkeit hoch in Deutschland, berücksichtigt man neben den tatsächlichen über 3 Mio ALG1 – Empfängern die HartzIV-Bezieher, die Leiharbeiter, die Geringverdiener, die befristet Beschäftigten, die Teilzeitbeschäftigten, die mehr als teilzeitig arbeiten möchten sowie die “Working Poor” (arm trotz Arbeit) hinzu.

Heiner Flassbeck sagte es 2017 so:

“Das ist die Schicksalsfrage der Sozialdemokratie. Mit Weil [dem niedersächsischen Ministerpräsidenten] sind große Teile der SPD überzeugt davon, dass es einen Gegensatz zwischen einer vernünftigen Verteilung des gesamtwirtschaftlichen Einkommens und dem Erwirtschaften dieses Einkommens gibt. Was nichts Anderes heißt, als dass sie glauben, man könne nur mit Hungerlöhnen wirklich etwas erwirtschaften. Die Aufgabe der Sozialdemokraten wäre es dann nur noch, nach dem Erwirtschaften dafür zu sorgen, dass die Verteilung leicht korrigiert wird. Das aber ist schlicht falsch.
Es ist genau umgekehrt: Ohne eine vernünftige Verteilung (genauer, ohne eine gut begründete Erwartung der Masse der Menschen, bei der Verteilung des Einkommens voll zu partizipieren) gibt es auch kein vernünftiges Erwirtschaften. Die Masse der Menschen muss immer voll beteiligt werden, damit der Produktivitätsfortschritt nicht zu unausgelasteten Kapazitäten und zu Arbeitslosigkeit führt.”

Wer wäre die- oder derjenige in der SPD, die von gesamtwirtschaftlicher Globalsteuerung, von ausgewogener Wirtschaftspolitik zwischen Angebots- und Nachfrägestärkung und von produktivitätsorientierter Lohnpolitik wirklich etwas versteht? Sie wäre ein geeigneter Kandidat für den Vorsitz der Partei.

 

Radikales Profil (6) Frieden und Abrüstung

Horst Teltschik war außenpolitischer Berater von Helmut Kohl und langjähriger Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz. Er ist ein Kenner der internationalen Politik der letzten Jahrzehnte. Er fordert, die heutige Konfrontation zwischen Rußland und den NATO-Staaten durch eine neue Entspannungspolitik zu entschärfen. Nach 1989/90 sei es verpasst worden, eine dauerhafte Friedensordnung zu schaffen. Viele Reaktionen, nicht alle, der Russen seien auf das Verhalten des Westens zurückzuführen. In der Produktbeschreibung seines Buches heißt es:

“Man sollte Russlands Aggression der letzten Jahre weder gutheißen noch verteidigen, doch die gegenwärtige Konfrontationspolitik der NATO müsste dringend durch Kompromissbereitschaft und Verhandlungsangebote ergänzt werden, wenn wir nicht Gefahr laufen wollen, vom Kalten Frieden in einen heißen Konflikt zu schlittern.”

Im ZDF-Gespräch mit Richard David Precht erläutert Teltschik, dass von Rußland heute keine Kriegsgefahr ausgehe, es fühle sich aber bedroht durch die NATO-Osterweiterung.

Heute würden Truppen an die Grenze zu Rußland verlegt und Manöver durchgeführt, die sich eindeutig gegen die andere Seite richten. Nötig seien dagegen Gespräche über Abrüstung und Rüstungskontrolle sowie vertrauensbildende Maßnahmen auf militärischem Gebiet. Die Instrumente, die vorhanden seien, um die Kommunikation wieder zu beleben, wie die OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa), würden heute nicht genutzt.

Die Frage, ob es einen Politiker gebe, dem er zutraue, die erforderliche Entspannungspolitik neu zu adressieren, verneinte Teltschik.

Es ist bedrückend, dass niemand in der Partei Willy Brandts bereit und in der Lage ist, die Entspannungs-, Friedens- und Abrüstungspolitik neu zu definieren.

 

Radikales Profil (7) Soziale Sicherheit

Nicht nur innere und äußere Sicherheit sind Anforderungen an staatliche Fürsorgepolitik. Dazu gehört zweifelsohne die soziale Sicherheit.

Wenn die Vorsitzende der SPD-Grundwertekommission Gesine Schwan ihre Bereitschaft erklärt, für den Parteivorsitz zu kandidieren, so sei erinnert an ihren Beitrag, den sie im Februar 2017 für die Zeit schrieb. Titel und Untertitel lauten:

“Umkehren, Genossen! Die SPD kann nur AfD-Wähler zurückgewinnen, wenn sie eingesteht, dass die Agenda 2010 in Teilen ein Irrweg war. Sie hat zu Ungerechtigkeit und Unsicherheit geführt.”

Gesine Schwan erklärt zunächst die Motive der AfD-Anhänger:

“Sie fühlen sich nicht angemessen anerkannt und wertgeschätzt, empfinden einen massiven Macht-, Zugehörigkeits- und Kontrollverlust in ihrer Arbeits- und Lebenswelt, und sie haben Angst vor der Zukunft. Aus jahrelang angestauten Enttäuschungen wächst das Bedürfnis, die entstandene Wut durch Ressentiments gegen Schwache und Sündenböcke abzureagieren.”

Aufgabe der SPD sei es dagegen, diesem Kontrollverlust zu begegnen und den Verlust politischer und persönlicher Freiheit zu bekämpfen sowie diese wieder dem Regulierungs- und Schutzbereich des Staates anzuvertrauen. Staatliche Politik sei, so Schwan, weitgehend durch den Markt ersetzt worden, Privatisierungen und Wettbewerb seien Elemente der Wirtschaft, aber nicht der Gesellschaftspolitik.

Und Gesine Schwan sagt es sehr deutlich:

“Hartz IV war der größte Fehler […] Denn Sozialdemokraten haben sich an der beschriebenen Entwicklung beteiligt. Darin liegt das entscheidende Glaubwürdigkeitsproblem der SPD, wenn sie jetzt eine Abkehr vom Neoliberalismus und mehr Gerechtigkeit fordert. Denn anders als bei Konservativen und Marktradikalen findet sich ein wichtiger Teil ihrer Wählerschaft bei denen, die in diesem Prozess verloren haben und sich abgehängt fühlen.”

Und sie fordert, Fehler einzugestehen und zu korrigieren, um Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen:

“Neben der Nichteinführung des Mindestlohns lag der wichtigste Fehler der Agenda 2010 darin, nach einem Jahr Arbeitslosigkeit das Arbeitslosengeld II auf niedrigem Niveau einzuführen, mit all den demütigenden Auflagen, z. B. das Angesparte offenzulegen und vor der staatlichen Unterstützung zu verbrauchen. Den Arbeitslosen wurde de facto die Schuld für Ihre Arbeitslosigkeit zugeschrieben. Das war eine bis heute anhaltende tiefe Kränkung. Hier muss die SPD aussprechen, dass dies ungerecht und falsch war, um die betroffenen Menschen zurückzugewinnen. Die Hartz-IV-Regelung verunsichert auch weite Teile des Mittelstandes, die ebenfalls fürchten, nach einem Jahr Arbeitslosigkeit sozial abzustürzen.”

Die oft geforderte und angekündigte inhaltliche Erneuerung der SPD muß diesen Empfehlungen folgen. Ich kann mir vorstellen, dass der junge Juso-Vorsitzende Kevin Künert gemeinsam mit Gesine Schwan diesen Grundsätzen inhaltliche Programmatik folgen läßt.

 

Radikales Profil (8) Fluchtursachen bekämpfen

Weltweit sind mehr als 70 Millionen Menschen auf der Flucht. Seit vier Jahren ist immer wieder die Forderung gestellt worden, die Fluchtursachen zu bekämpfen. Passiert ist so gut wie gar nichts. Dabei hat sich herausgestellt, es gibt drei wesentliche Fluchtursachen: Kriege, Waffenexporte und Handelsbeziehungen.

1 Ein Großteil der Flüchtlinge, die in die EU kommen, stammen aus den drei Ländern Afghanistan, Irak und Syrien. Diese sind Länder, die jahrelang unter Kriegen mit westlicher und vor allem USA-Beteiligung gelitten haben. Geflüchtet sind aus Syrien 6,6 Millionen, aus dem Irak 3,1 Millionen, aus Afghanistan 2,8 Millionen Menschen.

“Eine Politik, die ernsthaft die Fluchtursachen bekämpfen will, muss daher eine Politik sein, die Kriege verhindert, den Frieden sichert und dabei auch und vor allem die USA als internationalen Kriegstreiber Nummer Eins kritisch ins Visier nimmt. Gab es da in den letzten drei Jahren Fortschritte?”

2 Deutschland liefert Kriegswaffen in alle Regionen dieser Erde, auch in Krisengebiete.

“Alleine in der ersten Hälfte dieses Jahres lieferte Deutschland Waffen im Wert von mehr als einer Milliarde Euro alleine an die Kriegsparteien des Jemen-Kriegs. Offiziell gibt es zwar Ausfuhrbeschränkungen, die jedoch in den letzten sechs Monaten ganze 122 Mal durch gesonderte Exportgenehmigungen außer Kraft gesetzt wurden.”

3 Handelsbeziehungen, gerade mit afrikanischen Ländern stellen Fluchtursachen dar. Die gewährten und geltenden Subventionen für EU-Exporte auf der einen Seite, das in den Verträgen auferlegte Verbot für viele Länder, die eigene Wirtschaft durch Importzölle zu schützen, auf der anderen Seite verhindern eine wirtschaftliche Entwicklung vieler Schwellenländer.

“Neben Krieg und Gewalt gehören ökonomische Motive zu den wichtigsten Fluchtursachen. Es sind vor allem meist junge und männliche Flüchtlinge aus Schwarzafrika, die in ihrer Heimat keine Chance auf einen halbwegs ordentlichen Job haben oder sich und ihre Familien nicht alleine ernähren können. Diese Migranten treibt es dann oft ins „gelobte Land“ Europa.”

Wann endlich nehmen wir diese Erkenntnisse in unsere Parteiprogrammatik auf und fordern die Umsetzung?

Europa darf keine Kriege mehr führen und unterstützen. Europa muß Friedenssicherungspolitik betreiben. Europa darf keine Waffen mehr in Krisengebiete liefern. Europa muß eine Handespolitik betreiben, die den Partnerländern im Süden faire Chancen zur eigenen Entwicklung bietet.

 

Ist es schon zu spät?

03. September 2019

Nach einer Umfrage des Handelsblattes liegen Klara Geywitz und Olaf Scholz bei der Wahl zum Partei – Vorsitz der SPD mit 26% klar vorne. Es sieht so aus, dass Olaf Scholz, der für alles andere – Schuldenbremse, Schwarze Null – aber eben nicht für eine inhaltliche Erneuerung der SPD steht, der neue wirkliche Parteivorsitzende werden wird. Das Ziel, den Markenkern einer sozialdemokratischen Politik, nämlich soziale Gerechtigkeit, wieder in den Vordergrund zu rücken, scheint unerreichbar. Forderungen nach einer aktiven Friedens- und Entspannungspolitik sind von Olaf Scholz nicht zu hören. Die bescheidenen sozialen Schritte, die in den letzten Tagen getan wurden mit dem Konzept einer Vermögenssteuer für Superreiche und dem Berliner Mietendeckel mag man zur Kenntnis nehmen, dass Scholz sie umsetzen wird, ist unwahrscheinlich. Viele derjenigen, die eine linke SPD – Politik und soziale Gerechtigkeit gefordert haben, sind in den letzten 15 Jahren ausgetreten. Offenbar wird das rechte SPD – Lager, unterstützt von den Mainstream – Medien immer stärker und treibt die SPD ständig weiter nach rechts, bis weitere Linksorientierte austreten und der Rechts – Effekt sich weiter verstärkt. So wird es weiter gehen, bis die SPD bei 5% steht.

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