10 Jahre bei den NachDenkern

10 Jahre nun existiert der Münchner Kreis der NachDenker. Seit 5 Jahren schreiben wir in diesem Blog über alles mögliche – über die SPD, über die Linken, über den Kapitalismus, über Israel undundund. Was hat das mit mir gemacht? Welchen Einfluss hat das auf mein Denken ausgeübt? Dass ich 2014 in die SPD eingetreten bin, haben die NachDenker nicht verhindern können. Ein Argument, was dafür stimmt, gilt heute noch. Ohne die SPD wird es in naher und mittlerer Zukunft keine progressive Politik in Deutschland geben. Jegliches Hoffen auf eine starke Linke ist bei mir abhanden gekommen. Der Rückzug von Sahra Wagenknecht war der letzte Beweis.

1 Kapitalismus

Wie oft habe ich gehört, dass es immer der Kapitalismus ist, der beseitigt werden muss. Er ist schließlich verantwortlich dafür, dass wir den Klimawandel haben, dass Flüchtlinge zu uns kommen, dass Kriege geführt werden, dass der Neoliberalismus bis in die “linken” Parteien vordringt, dass der Hunger auf der Welt nicht wirklich erfolgreich bekämpft wird, dass Ressourcen ausgebeutet werden und Arten verschwinden. Das alles frustriert so sehr, dass jegliches politisches Handeln vergeblich erscheint.

Dazu allerdings schreibt Harald Welzer in den Blättern:

Die Vorstellung, man müsse erst mal den Kapitalismus abschaffen, die weltweite Ungerechtigkeit beseitigen, das Klimaproblem lösen, bevor man beginnen kann, Dinge zu verändern, ist komplett blödsinnig. Viel eher kann man den Kapitalismus bändigen, die Ungerechtigkeit abmildern und das Klimaproblem entschärfen, wenn man sich nicht zu viel vornimmt, das dann aber konkret angeht und zur Wirklichkeit werden lässt. Realismus heißt auch: im Rahmen seiner Möglichkeiten und seiner Reichweite Dinge verändern.

Wer die Diskussion über den Zustand der EU ablehnt mit dem Hinweis, dass sei das Europa der Konzerne, der hat doch schon aufgegeben. Dass diese EU eine kapitalistische ist, kann in dieser Welt wohl nur selbstverständlich sein. Aber gerade deswegen müssen wir uns Gedanken machen, wie es gelingt, aus der Währungs- und Wirtschaftsunion eine politische und eine soziale Gesellschaft zu machen. Dabei sollten uns auch Vorschläge von neoliberaler Seite Recht sein, wenn etwa der französische Präsident Macron für ein europäisches Budget und für Beschäftigungsinitiativen in Südeuropa wirbt.

2 Utopien oder Realpolitik

Zweifellos, es ist richtig bei allen politischen Maßnahmen das Ziel vor Augen zu haben und eine soziale sowie ökologische Zukunft zu fordern. Die Schüler zeigen uns allerdings jeden Freitag, dass die Zeit ein Faktor geworden ist. Sie fordern Maßnahmen gegen den Klimawandel, die jetzt durchgeführt werden müssen. Weil das mit dem Klimawandel so einfach zu verstehen ist – er ist offensichtlich real und er ist von Menschenhand gemacht – und weil das so einfach in seiner Auswirkung auf zukünftige Umweltszenarien darzustellen ist und weil wir wirklich kein Erkenntnisproblem mehr haben, daher sind Maßnahmen jetzt erforderlich. Vorsicht ist geboten bei den Vorschlägen – auch der Grünen. Wirtschaften mit weniger Energieeinsatz – das bedeutet höhere Effizienz (“Die Dinge richtig tun.”). Wenn dabei nicht auch die Effektivität verbessert wird, also “die richtigen Dinge getan werden”, dann ist die Energiewende nicht vollzogen. Wenn mehr Autos mit jeweils weniger CO2-Einsatz aber insgesamt höherem Energieverbrauch fahren, dann hilft es uns nicht weiter.

Wer beginnt eigentlich endlich mal die Diskussion, dass der Umstieg auf die Elektromobiliät einen großen Irrtum darstellt? Die erforderlichen Rohstoffe werden ausgebeutet, die Menschen, die dabei ihren kargen Lohn verdienen, werden krank.

Zudem: die ARD – Dokumentation “Kann das Elektroauto die Umwelt retten?” sagt, allein die Produktion von E-Autos erzeugt die doppelte Menge an CO2 wie das bei herkömmlichen Autos der Fall ist.

Unterstützung hat auf jeden Fall die Umweltministerin verdient, wenn sie die drei Sektoren Energiewirtschaft, Verkehr und Landwirtschaft auffordert, ihren Beitrag zur Erreichung der CO2-Reduktion zu leisten. Manchmal möchte ich hoffen, dass Frau Merkel hier noch einmal vollen Einsatz zeigt. Oder ist ihr die CDU näher als die Zukunft?

3 Medien

So dringend notwendig die kritische Begleitung unserer Medienlandschaft ist, ich stelle immer mehr fest, dass gute, kritische Beiträge auf einigen Sendern – genannt seien neben ARD und ZDF – zugegeben, manchmal wird es spät – auch Phoenix, Arte, 3Sat, ZDFInfo, alpha sowie einige Dritte und Tagesschau24 zu sehen sind. Wer die Bandbreite der Mediatheken nutzt, bekommt einiges geboten. Empfohlen sei ein täglicher Blick in den Teletext Nr. 300, wo die genannten Sender ihre Programmvorschau anbieten.

4 Korruption und Transparenz

Das Ibiza-Video von SZ und SPON hat den Korruptionsskandal der österreichischen ÖVP dargelegt. Erschrocken bin ich nicht, weil Kohl und Schäuble ein schlechtes Beispiel gegeben haben, sie haben die illegalen Spender nicht genannt, den Koffer mit Schmiergeld mit sich getragen und sind mit keinerlei politischen Konsequenzen konfrontiert worden.

Noch beunruhigender sind aber die nicht aufgedeckten tödlichen Anschläge auf die maltesische Journalistin Daphne Caruana Galizia und den slowakischen Enthüller Jan Kuciak. Die politischen Zustände in Rumänien und Bulgarien sind durch Korruption geprägt, die Beschneidung von richterlicher Unabhängigkeit und Pressefreiheit in Ungarn und Polen muss uns alarmieren.

Was können wir tun, um die Transparenz der politischen Vorgänge in Europa sicherzustellen?

5 Volkswirtschaftliche Kompetenz

Albrecht Müller habe ich Anfang der Nuller Jahre im Dachauer Forum kennengelernt. Nachdem ich mich jahrzehntelang im Job ausschließlich um betriebswirtschaftliche Fragen gekümmert hatte, lernte ich bei den NachDenkSeiten wieder volkswirtschaftlich zu denken. Schließlich hatte ich VWL studiert zu einer Zeit, als Karl Schiller die Konzertierte Aktion und das volkswirtschaftliche Gleichgewicht definierte. Dieses besteht aus dem sog. magischen Viereck, also den Anforderungen, bei Preisstabilität und außenwirtschaftlichem Gleichgewicht ein angemessenes Wachstum und Vollbeschäftigung zu generieren. Davon sind wir heute weit entfernt, obwohl diese Grundsätze gesetzlich festgelegt sind.

Wo politisch wird heute unterschieden in betriebswirtschaftliche und volkswirtschaftliche Grundsätze? Es hat so lange mit dem Mindestlohn gedauert – auch heute noch viel zu niedrig und mit zu großen Ausnahmen – weil die Neoliberalen die Diskussionen immer dominiert haben mit der einseitig behaupteten Kostenwirksamkeit der Löhne. Dass man davon leben muss, haben sie verschwiegen und keiner hat dagegen gehalten – mit der Ausnahme Sahra Wagenknecht. Wenn sie sich nun zurückziehen sollte, wer übernimmt ihre Rolle? Auch und gerade ihre wirtschaftspolitische Kompetenz wird fehlen.

Dass die Unternehmen heute als Teil der Volkswirtschaft in Summe sparen, ist ein politisch völlig ignoriertes Phänomen. Wenn es attraktive Investitionen in die Infrastruktur gibt, dann wird auch wieder der Zins steigen  und die Ersparnisse werden sich wieder lohnen. Heute gehen die Ersparnisse der Unternehmen fast auschließlich in den spekulativen Teil des Kapitalmarktes und befördern wiederum die Tendenzen zu Blasenbildung. Seitdem Heiner Flassbeck Oskar Lafontaine als Finanzminister beraten hatte, haben wir solche Argumente nicht mehr gehört. Der SPD fehlt nicht nur, aber ganz besonders ein junger kompetenter Finanzfachmann, wie es Oskar L. war.

Und noch heute kann man regelmäßig bei Heiner Flassbeck nachlesen, wo die Defizite der SPD liegen, nämlich in der Formulierung einer Wirtschaftspolitik, die den Arbeitnehmern gerecht wird, ausgehend von dem ewig gültigen Grundsatz des alten Ford:

Diese Weisheit . . . heißt heute: Autos kaufen keine Autos; nur Arbeitnehmer mit einem soliden Einkommen sind in der Lage, die Binnennachfrage so zu stabilisieren, dass die Gesamtwirtschaft nicht wegbricht.

Aber es kommt noch schlimmer.

Die Partei ist seit Jahrzehnten vollkommen unfähig, sich eine unabhängige Meinung zu den Kernfragen der Wirtschaft und der Wirtschaftspolitik zu bilden.

In Deutschland gibt es einen Länderfinanzausgleich mit dem Ziel, gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Regionen zumindest anzustreben. Gibt es so etwas auch in Europa? Neben spezifischen Regionalhilfen gibt es die Vorgaben der Fiskalpolitik, Schuldengrenzen einzuhalten und staatlichen Haushalten damit zu untersagen, Investitionen und Beschäftigung zu fördern. Wenn neben der Kompetenz auch die Solidarität fehlt, darf ich mich über niederschmetternde Wahlergebnisse nicht wundern.

6 NachDenken und SPD

Mein Versuch, die Überlegungen der NachDenker in die SPD hineinzutragen, ist nur teilweise erfolgreich gewesen. Weder im Unterbezirk, der Vertretung der Ortsvereine, noch im Ortsverein hat es wirkliche Analysen nach den diversen Wahlniederlagen der letzten Jahre gegeben. Artikel, die geschrieben, E-Mails, die adressiert wurden, sind unbeantwortet geblieben, teilweise sogar als unerwünscht deklariert worden. Häufig habe ich gehört, die SPD sei die Partei der Grundwerte. Aber wo sind die daraus abgeleiteten Grundrechte geblieben? Den Neoliberalismus kann man im Ortsverein nicht diskutieren, er ist zum großen Teil nicht verstanden worden.

Zu den über 30% der Mitglieder, die im vorigen Jahr die GroKo ablehnten, habe ich gehört. Heute sind es sicherlich weit mehr. Soeben habe ich dem Vorstand meine Ansicht, dass es in der Führung der Partei eine Doppelspitze geben soll, mitgeteilt. Ich hoffe, dass Simone Lange und Kevin Kühnert kandidieren werden.

Gelungen ist es, einige Anträge für den Parteitag zu schreiben, die Beiträge sind im dicken Antragsbuch verewigt. Zum Freihandelsabkommen TTIP hatte es an die 70, durchgehend kritische Anträge gegeben. Der Vorstand hat daraus einen wachsweichen sog. Leitantrag formuliert.

Parteien sind wie große Tanker. Sie benötigen eine Zeit lang, um sich zu positionieren oder den Kurs zu ändern. Junge Leute fordern, z.B. jetzt beim Thema Klimawandel, sofortige Maßnahmen. Wichtig ist, dass wir uns einbringen, auch wenn es schwer ist, den großen Tanker anzuschieben.

Alternativ dazu sehen wir, dass Volksbefragungen und -entscheide ein große Wirkung erzielen, gerade im ökologischen Bereich. Die Initiativen zu Startbahn Drei, zum Kohlkraftwerk Nord oder “Rettet die Bienen” wären in den Parlamenten gescheitert.

Ein Blick nach Barcelona macht Hoffnung:

In Barcelona waren 40.000 Bürger an der Erstellung des Regierungsprogramms beteiligt – und tatsächlich: Dreiviertel des Programms stammt von den Bürgerinnen und Bürgern selbst, die sich online und offline beteiligten. Die Stadt zeigt vor, wie die technische Revolution einer Smart City auch die Demokratie revolutionieren kann. Dafür setzt Barcelona auf eigene Infrastruktur und Technik statt auf globale Tech-Multis. Das stärkt die lokale Wirtschaft und den sozialen Zusammenhalt in der Stadt.

Schaffen wir mehr Barcelonas!

 

 

 

 

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7 Gedanken zu „10 Jahre bei den NachDenkern

  1. Andreas Schlutter

    Ja, in vielem stimme ich dir zu. Ich bin kurz nach dir zum Gesprächskreis dazugestoßen und denke oft auch, dass aus dem Nachdenken viel zu selten Handeln entsteht.
    Gerade jetzt, wo die Verdrängung der ökologischen Folgeschäden des Kapitalismus nicht mehr funktioniert, ist aber Handeln erforderlich. Die Herausforderungen für Parteien, Gewerkschaften und alle anderen gesellschaftlichen Gruppen sind enorm. Wie aussteigen aus der “imperialen Lebensweise” (Ulrich Brand, Markus Wissen)? Wir dürfen nicht mehr “über die Verhältnisse anderer” (Stephan Lessenich) leben. Da reicht mir auch nicht die Expertise eines Heiner Flassbeck, da wir aus der Klimakrise nicht hersuswachsen können.
    Ob hier der Gesprächskreis irgendetwas zumindest zur Verständigung der unterschiedlichen Positionen auch zum Kapitalismus beitragen kann, wage ich zu bezweifeln.
    Viel zu wenige sind tatsächlich politisch aktiv. In der Regel ist man gut darin zu sagen, warum man weder bei den Grünen noch bei der SPD oder den Linken mitmachen kann bzw. will, weil jede Partei ihren Makel hat. Kritische Stimmen zu Gewerkschaften kommen hinzu. Manchmal hat es etwas Fatalistisches.
    Wir können es uns aber nicht erlauben uns in der Rolle der Chronisten des Untergangs einzurichten.

  2. blog1

    Ich stimme dem Statement von Harald Welzer teilweise zu:
    „Die Vorstellung, man müsse erst mal den Kapitalismus abschaffen, die weltweite Ungerechtigkeit beseitigen, das Klimaproblem lösen, bevor man beginnen kann, Dinge zu verändern, ist komplett blödsinnig. Viel eher kann man den Kapitalismus bändigen, die Ungerechtigkeit abmildern und das Klimaproblem entschärfen, wenn man sich nicht zu viel vornimmt, das dann aber konkret angeht und zur Wirklichkeit werden lässt. Realismus heißt auch: im Rahmen seiner Möglichkeiten und seiner Reichweite Dinge verändern“.
    Was den Klimawandel betrifft, haben wir aber nicht mehr die Zeit, die Klimaprobleme zu „entschärfen“. Das sagt ja gerade die Fridays for Future Bewegung zusammen mit den Wissenschaftlern der Science for Future Bewegung. Mit dem Klima lässt sich nicht verhandeln und ob die menschliche Spezies auch dem Artensterben zum Opfer fällt, ist der Erde egal.
    Ich habe aber den Eindruck, dass die Mehrheit, die sich für Klimaschutz ausspricht, meint, sie könnte das Thema aussitzen, weil sich doch die Wissenschaftler schon immer geirrt haben, wenn es sich um Prognosemodelle handelt. Und überhaupt, der Menschheit fällt schon rechtzeitig das Richtige ein, schließlich ist der Glaube an die technischen Möglichkeiten schier unbegrenzt.
    Und ein anderer Teil denkt, was nutzt es mir, wenn ich in 10-20 Jahren infolge des Klimawandels sterbe, wenn ich vorher verhungere oder verdurste.
    Es ist wie mit dem Untergang der Titanic. Sie galt als unsinkbar. Deshalb waren die Sicherheitsmaßnahmen völlig unzureichend. Als der Eisberg kam, war es zu spät, und die Titanic sank innerhalb von 2 Stunden und 40 Minuten.
    Vor kurzem saß ich im Freibad. Neben mir saß ein Paar. Er sagte zu ihr, er wäre vor kurzem auf der Zugspitze gewesen und dort lägen noch 6 Meter Schnee und er könne gar nicht verstehen, dass alle vom Klimawandel reden und er würde sich auf keinen Fall so ein „Drecksstromauto“ kaufen. Das sei doch reine Beutelschneiderei.
    Klar sind das nicht repräsentative Einzelfälle, aber sie zeigen, wie schwierig dieses Thema in seiner Gesamtdimension zu transportieren ist.

  3. Ludger Elmer Beitragsautor

    Um aus dem Fatalismus herauszukommen, halten wir uns doch an den von mir zitierten Welzer und fragen, was ist aktuell wirklich wichtig (und dringend!) und vergessen wir doch mal für einen Moment die Utopie. Zunächst geht es um das für den Herbst fällige Klimaschutzgesetz, um die Maßnahmen auf den Weg zu bringen, die die Einhaltung der im Pariser Abkommen getroffenen Vereinbarungen zu garantieren. Gelingt es der GroKo, in den Sektoren Landwirtschaft, Energie und Verkehr glaubwürdig einen Plan aufzustellen und gesetzliche Maßnahmen zu vereinbaren, inklusive einer Änderung im Steuersystem in Richtung einer CO2-Besteuerung und inklusive sozial verträglicher Maßnahmen, die den größeren ökologischen Fußabdruck der Oberen und Reichen berücksichtigen? Dieses Maßnahmenpaket ist auf den Prüfstand zu stellen: Ist es wirklich effektiv? Ist es sozial? Wenn das nicht gelingt, müsste die SPD aus der GroKo austreten und in einem eigenen Programmpaket die erforderliche soziale Klimawende definieren und fordern und damit in den Wahlkampf gehen. Sie würde damit eine große inhaltliche Übereinstimmung mit Grünen und Linken erzielen. Die so oft formulierte Einstellung der Linken gegenüber den Grünen müsste relativiert werden. Was den Klimawandel angeht, sind diese Grünen ernst zu nehmen, auch wenn sie in anderen politischen Punkten (Friedenspolitik, Waffenlieferungen) nicht meinen Vorstellungen gerecht werden.
    Aber irgendwann muß ich ja mal sagen, was ich will! Und ich kann nicht immer alles gleichzeitig fordern!
    Übrigens auch beim Thema der Konzernbesteuerung könnten Linke und Grüne sehr gut zusammenkommen.
    Es ist so viel und immer wieder vom Neoliberalismus hier gesprochen worden. Gemeint sind damit 1) Sozialabbau 2) Steuererleichterungen für Reiche und Konzerne 3) Privatisierung der Güter für die öffentliche Daseinsvorsorge 4) Ungezügelte Finanzmärkte. Könnten nicht Linke und Grüne gemeinsam in einem Wahlkampf klar machen, wie die Rechten im Land sich uneingeschränkt dem Lobbyismus und der Konzernunterstützung hingeben? Neues und abstoßendes Beispiel ist die widerliche Anbiederung der Landwitschaftsministerin an die Firma Nestle. Nicht zu unrecht ist die Dame als “Konzernhure” an den Pranger gestellt worden. Liegt hier nicht so ein großes Potential für die Progressiven im Land, die Rechte gemeinsam zu entlarven? Wir müssten doch schon aus rein ethischen Gründen Abstand vom Fleisch Essen nehmen, wo doch die industrielle Massentierhaltung uns Antibiotika verseuchtes Fleisch vorsetzt. Selber sind sie nicht in der Lage, eine Tierhaltung mit regionaler Versorgung (Soja aus Südamerika) und Entsorgung (Gülle verseucht das Wasser) durchzuführen.
    Und wieviele Themen würden mir noch einfallen, wo sich Grüne und Linke einigen könnten?
    Sie müßten eben nur Kompromisse machen. Anders geht es nicht.
    Kevin Kühnert hat auf den hohen Grad der Privatisierung in der Pflege aufmerksam gemacht. Er verhindert die Tarifbindung und damit attraktive Löhne in der Pflege, die den Mangel wirklich beheben könnten.
    Auf der Strecke geblieben ist der als Sozialstaatskonzept angepriesene Entwurf der SPD zum ALG Q und Erweiterung der ALG – Zeit auf drei Jahre. Dies könnte tatsächlich die Ängste vor dem Abstieg mildern, wenn ich die Zeit bekomme, eine neue Qualifizierung anzustreben. Haben sie alle schon vergessen, dass Martin Schulz allein mit dieser Thematik damals – im Januar 2017 – die SPD auf 30% Umfragewerte gehoben hatte?
    Aber wer ist diejenige (oder derjenige), die in der Lage und willens ist, Prioritäten zu setzen und Kompromisse einzugehen?

  4. blog1

    „Und wieviele Themen würden mir noch einfallen, wo sich Grüne und Linke einigen könnten?
    Sie müssten eben nur Kompromisse machen. Anders geht es nicht.
    Kevin Kühnert hat auf den hohen Grad der Privatisierung in der Pflege aufmerksam gemacht. Er verhindert die Tarifbindung und damit attraktive Löhne in der Pflege, die den Mangel wirklich beheben könnten.
    Auf der Strecke geblieben ist der als Sozialstaatskonzept angepriesene Entwurf der SPD zum ALG Q und Erweiterung der ALG – Zeit auf drei Jahre. Dies könnte tatsächlich die Ängste vor dem Abstieg mildern, wenn ich die Zeit bekomme, eine neue Qualifizierung anzustreben. Haben sie alle schon vergessen, dass Martin Schulz allein mit dieser Thematik damals – im Januar 2017 – die SPD auf 30% Umfragewerte gehoben hatte?
    Aber wer ist diejenige (oder derjenige), die in der Lage und willens ist, Prioritäten zu setzen und Kompromisse einzugehen?“
    Ich stimme Dir ja zu! Zu K. Kühnert folgendes aus der TAZ:
    http://www.taz.de/Initiative-Die-wahre-SPD/!5599093/

    Die neoliberalen Truppen innerhalb der SPD sammeln sich. Das sind gleichzeitig auch diejenigen, die in der GroKo verbleiben wollen, wenn nicht bis zum regulären Ende, dann wenigstens bis zum Frühjahr 2020.
    Es liegt doch klar auf der Hand.
    Die CDU/CSU will Neuwahlen um jeden Preis verhindern, weil sie genau weiß, dass Neuwahlen im September 2019 sogar bedeuten könnten, dass die Grünen vorne liegen und damit den Kanzler/die Kanzlerin stellen.
    Vice versa wollen die Grünen möglichst früh Neuwahlen, weil sie fürchten müssen, dass der derzeitige Hype abebbt.
    Die FDP will auf keinen Fall Neuwahlen und hat bereits signalisiert, dass sie eine Minderheitsregierung unter Führung der Union dulden wollen
    Die AfD will vor den Landtagswahlen in den neuen Bundesländern auch keine Neuwahlen.
    Bei der Linkspartei herrscht großes Schweigen.
    Und was ist mit der SPD? Sie ist gespalten in dieser Frage, weil die die Beharrungskräfte innerhalb der Partei um ihre Posten fürchten. Die progressiven Kräfte sind nicht in der Mehrheit, was sich auch bei den Mitgliedern widerspiegelt. Deshalb auch die Mitgliederbefragung.
    Insofern will ich deine Grün/Rot/Rot Träume etwas dämpfen.
    Die Grünen verharren derzeit in der Rolle der zur Schau getragenen Opposition, die die GroKo vor sich hertreibt. Auf keinen Fall eine Personaldebatte führen und das Thema Klimaschutz hoch halten, ansonsten eine gemäßigte Sozialpolitik einfordern, sich über die verfehlte Migrationspolitik echauffieren und bei der Steuerpolitik die Anliegen der Mittelschicht berücksichtigen, am besten aber darauf verweisen, dass diese Probleme nur europaweit gelöst werden können.

  5. Andreas Schlutter

    Der jetzt diskutierte Entwurf eines Klimaschutzgesetzes ist völlig unzureichend. Wir können nicht bis 2038 Kohle verfeuern und vor allem müssen wir schnellstmöglich aus der Braunkohleverbrennung raus. Die SPD könnte sich ja die Expertise von Greenpeace und ClientEarth zu Nutze machen und die Koalition an einem ambitionierten Gesetzentwurf scheitern lassen. Nur sehe ich da noch nichts bei der SPD.
    Die Chancen für Grün-Rot-Rot leuchtet Tom Strohschneider übrigens recht gut im aktuellen Freitag aus:

    Eine „Große Transformation“ müsste sich also einen radikalen Umbau der Industriegesellschaft vornehmen, dabei globale Ungleichheit berücksichtigen und eine weltgesellschaftliche Lösung der Probleme anstreben, statt mit Standortwimpeln zu wedeln. Damit nicht genug, bräuchte es ein Bündnis der Vielen, das über Gräben hinweg Kompromisse auf der Basis wiedererweckter Solidarität möglich macht.

    Für Gewerkschaften, soziale Bewegungen, Parteipolitik könnten die Herausforderungen also kaum größer sein. Das heißt auch, endlich damit aufzuhören, von allen anderen zu verlangen, dass sie genauso werden, wie man selbst schon ist. Ein neues Grün-Rot-Rot hieße auch, mit dialektischer Gelassenheit und strategischer Schlauheit gerade die Unterschiede produktiv zu machen.

    Ja, ganz pragmatisch anfangen, aber sich auch der Herausforderung bewusst werden, das ist vielleicht die einzige Chance für ein progressives Bündnis.

    1. blog1

      Zum Kohleausstieg nur folgende Daten:
      bis zum 31.12.2026 werden Braunkohlekraftwerke mit einer Nennleistung von 8 GW abgeschaltet. Hinzu kommen ca. 2,9 GW aus der Braunkohle-Sicherheitsreserve, die vorläufig bereits abgeschaltet sind und spätestens Ende 2023 endgültig außer Betrieb sind, in der Übergangszeit aber so behandelt werden, als ob sie in Betrieb wären. Mit anderen Worten, der Kraftwerksbetreiber bekommt Geld dafür, dass er die Sicherheitsreserve vorhält. Das nenne ich mal ein griffiges Subventionsmodell.
      Bei der Steinkohle gehen bis zum 31.12.2026 13 GW vom Netz.
      Das bedeutet, dass bis Ende 2038 10,4 GW Braunkohlestrom bzw. 9,8 GW Steinkohlestrom abgeschaltet werden.
      Der Kohleausstieg orientiert sich primär daran, dass der Staat nahezu keine Entschädigungen an die Kraftwerksbetreiber zahlen muss. Ein finanzieller Supergau wie beim Ausstieg aus der Atomkraft soll also vermieden werden. Dafür werden 60 Milliarden € in die Kohlereviere gepumpt, wovon nur ein Teil bei den wirklich betroffenen ankommen wird.
      Aber OK, ein Kompromiss ist ein Kompromiss, auch wenn sich darauf Beschiss reimt.
      Ein kleiner Sidestep nach China sei schon erlaubt. China hängt zu Zweidrittel an der Kohleverstromung. Immerhin werden dort 25% des Strombedarfs aus regenerativen Quellen gedeckt. In Indien ist der Anteil an Kohlestrom bei ca. 60%.
      Wenn es also nicht gelingt, diesen Ländern eine Technologie anzubieten, die ihnen den Ausstieg aus der Kohleverstromung zu bezahlbaren Preisen ermöglicht, werden alle Bemühungen in Deutschland und in Europa vergeblich sein. Von den USA sehe ich einmal ab, weil Trump nicht die gesamten USA repräsentiert.
      Es wird also darauf ankommen, dass bis spätestens 2025 ein Energiekonzept mit konkret umsetzbaren Maßnahmen vorliegt, damit bis 2030 der Klimawandel gestoppt werden kann. Anderenfalls steuern wir unweigerlich auf die Klimakatastrophe zu. Deutschland, aber auch Europa könnte einen Beitrag dazu leisten, vor allem was die Speicherung von regenerativer Energie betrifft.

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