War das wirklich eine “Annexion” der Krim?

Ein Beispiel unter vielen für die verfälschenden Sprachregelungen in unseren Mainstream-Medien ist der Begriff “Annexion”, der hierzulande verwendet wird für die Abspaltung bzw. Sezession der Krim und ihren anschließenden Beitritt zur Russischen Föderation.

Der Hamburger Jura-Professor Reinhard Merkel (mit der Kanzlerin weder verwandt noch verschwägert) beschäftigt sich in einem Beitrag in der Online-Ausgabe der FAZ vom 7. April 2014 ausführlich mit der Problematik dieser angeblichen Annexion. Seine Argumente dürften in ihrer Differenziertheit so manchen Mainstream-Journalisten, der nur in den Kategorien Gut und Böse denken kann, überfordern. Er schreibt:

Hat Russland die Krim annektiert? Nein. Waren das Referendum auf der Krim und deren Abspaltung von der Ukraine völkerrechtswidrig? Nein. Waren sie also rechtens? Nein; sie verstießen gegen die ukrainische Verfassung (aber das ist keine Frage des Völkerrechts).

Im zweiten Teil des Artikels zieht er die Parallele zur Abspaltung des Kosovo von Serbien und hält dem Westen vor, dass er mit zweierlei Maß messe:

Freilich müssen sich die empörten westlichen Staaten nun an ihre eigenen Nasen fassen. Vor sechs Jahren, am 17. Februar 2008, erklärte die provisorische Zivilverwaltung im Kosovo dessen Unabhängigkeit vom serbischen Zentralstaat. Das verstieß … gegen einschlägiges spezielles Völkerrecht, nämlich die Resolution 1244 des UN-Sicherheitsrats vom Juni 1999, die … die Unverletzlichkeit der serbischen Grenzen garantiert hat. Einen Tag nach dieser Sezession haben England, Frankreich und die Vereinigten Staaten, drei Tage später hat Deutschland den Kosovo als unabhängigen Staat anerkannt.

Ein lesenswerter Artikel, fundiert, sachlich und zum Nachdenken anregend!

Die Nachdenkseiten haben in ihren Hinweisen des Tages vom 9. April 2014 und vom 10. April 2014 bereits auf diesen Beitrag hingewiesen bzw. daraus zitiert. Das ist vielleicht in der Fülle der Informationen untergegangen, deshalb dieser neuerliche Hinweis.

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2 Gedanken zu „War das wirklich eine “Annexion” der Krim?

  1. Ludger Elmer

    http://www.zeit.de/politik/2014-09/hand-dietrich-genscher-putin-russland-ukraine

    Hört, hört – der ehemalige Aussenminister: “Der frühere Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) hat ein Ende der europäischen und amerikanischen Strafmaßnahmen gegen Russland gefordert. “Ich habe meine Zweifel, ob wir am Ende sagen werden, das war eine besonders erfolgreiche Unternehmung”, sagte Genscher dem Sender Phoenix. “Sanktionen sind wie eine Leiter, immer eine Stufe höher, und auf einmal ist sie zu Ende. Dann stehen sie vor der Frage, ob sie wieder runterklettern oder runterspringen”, sagte er. “Das möchte ich uns lieber ersparen.”
    Genscher zeigte Verständnis für die Position des russischen Präsidenten Wladimir Putin. “Putin ist ein Mann, der eine klare Zielsetzung hat, eine Position zu schaffen, die nichts mehr zu tun hat mit der Schwächeposition eines Jelzins”, sagte er. Ohne Russland gebe es keine Stabilität in Europa. “Dann lohnt es sich natürlich, auch das ernst zu nehmen, was die Repräsentanten an Auffassung haben”, sagte Genscher. Die Empörung Putins über die Stationierungen von Nato-Truppen und Waffensystemen an der russischen Westgrenze sei berechtigt.” Quelle: http://www.nachdenkseiten.de/?p=23333#h01

    1. Willi

      Selbst der Programmbeirat der ARD hat inzwischen festgestellt, dass die Berichterstattung über den Ukraine-Konflikt sehr einseitig ist und wenig differenzierte Informationen bietet:
      “Der Programmbeirat kam aufgrund seiner Beobachtungen zu dem Schluss, dass die Berichterstattung im Ersten über die Krise in der Ukraine teilweise den Eindruck der Voreingenommenheit erweckt hat und tendenziell gegen Russland und die russischen Positionen gerichtet war.”
      http://blog.fefe.de/?ts=aae58808

      Willi

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