Kein Mittagessen? Armut in einer reichen Stadt

Was wäre zu tun?

Eine geringfügige kurzfristige Entlastung könnte eintreten, wenn dem Antrag des zuständigen Bezirksausschusses Neuhausen – Nymphenburg (BA 9) stattgegeben würde. Im Beschluss vom 23.09.2014 heißt es:

„Ausgelöst wurde diese Preissteigerung dadurch, dass die an der Winthirschule arbeitende Küchenkraft vom Lieferanten angestellt ist. Dadurch wird das gelieferte Essen mit einem Mehrwertsteuersatz von 19 % belegt und nicht wie üblich mit 7 %. Nur ein anderes Anstellungsverhältnis für die Küchenkraft, also nicht durch den Lieferanten, ermöglicht es, dass die gelieferten Essen mit einem MWSt-Satz von 7 % belegt werden und dadurch deutlich günstiger für die Eltern werden.

Möglich wäre ein Anstellungsverhältnis der Küchenkraft mit der Landeshauptstadt München, wie dies bereits in Horten und Kitas geschieht. Auch im Hort der Winthirschule! Für die Kinder des Ganztageszuges an der Winthirschule sollten gleiche Bedingungen herrschen, damit auch dort eine qualitative und gleichzeitig preiswerte Mittagsverpflegung angeboten werden kann. Da die Mittagsverpflegung eine Grundbedingung für einen Ganztageszug ist und es der Wille der Landeshauptstadt München ist, Ganztagesangebote auszuweiten, muss hier eine Lösung gefunden werden.“

Allerdings ist der Antrag nach wie vor in Bearbeitung. So wichtig eine Lösung ab Herbst ist, letztlich bringt das im Grunde zu wenig Entlastung, auch die ursprünglichen 4,20 € sind mehr als viele Eltern der Mittelschule problemlos zahlen können.

Da sich die bayerische Staatsregierung aktuell den Ausbau der Ganztagsschulen im Grund- und Förderschulbereich auf die Fahnen geschrieben hat, ist zum Beispiel die Frage zu stellen, warum nicht flächendeckend ein vergünstigtes Schulessen vergleichbar wie in den Mensen des Studentenwerks München eingeführt wird. Je nach Vorliebe und/oder Geldbeutel gibt es für Studierende ein Mittagessen ab 1 €, Bio-Gerichte ab 1,55 €, mehr als 3,00 € sind in der Regel – ohne zusätzliche Beilagen – von den Studierenden nicht zu zahlen. Gut, so ein System kann nicht von heute auf morgen aufgebaut werden. Aber wenn das Mittagessen von Studierenden zu Recht kostengünstig angeboten wird, warum muss in Schulen ein privater Anbieter komplett von den Eltern bezahlt werden? Fast könnte man meinen, am Mittagessen soll sich entscheiden, wer die besseren Bildungschancen bekommt.

Einen ganz anderen Weg zur Lösung des Problems, aber weder kommunal noch von heute auf morgen durchsetzbar, ist das Konzept der Kindergrundsicherung, Auszug:

„Gemessen an verschiedenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts hat das kindliche Existenzminimum eine hohe Bedeutung, die über seine steuerliche Freistellung hinausgeht. Aktuell liegt dieses Existenzminimum bzw. der entsprechende Freistellungsbetrag bei rund 500 Euro monatlich. Er setzt sich aus dem Freibetrag für das sächliche Existenzminimum (322 Euro) und dem Freibetrag für die Betreuung und Erziehung bzw. Ausbildung (180 Euro) zusammen. Es kann aber nicht sein, dass dieses Existenzminimum faktisch nur für diejenigen Kinder Bedeutung hat, deren Eltern Steuern zahlen können – und davon mit steigendem Einkommen sogar höheren Nutzen ziehen.

Unser Vorschlag lautet, künftig alle Kinder mit einer Kindergrundsicherung in Höhe von 500 Euro monatlich abzusichern. Damit wird der grundlegende Bedarf, den Kinder für ihr Aufwachsen benötigen und den das Bundesverfassungsgericht festgehalten hat, aus öffentlichen Mitteln gedeckt.

Unser Vorschlag will das sächliche Existenzminimum in Höhe von 322 Euro als unbürokratische Leistung für alle Kinder aus einer Hand zur Verfügung stellen. Darüber hinaus muss der Staat sicherstellen, dass allen Kindern sämtliche Leistungen für Bildung, Betreuung und Erziehung kostenfrei zur Verfügung stehen. Solange dies auf absehbare Zeit nicht gewährleistet ist, muss zusätzlichen zum sächlichen Existenzminimum mindestens ein Betrag von zusätzlich 180 Euro bereit gestellt werden.“

Quelle: Kinder brauchen mehr!

Mit diesem Ansatz würde im Grundsatz der Kinderarmut entgegengewirkt werden, alle Kinder würden vom Staat in gleichem Umfang finanziell unterstützt, steuerliche Vorteile für Besserverdienende entfielen. Im Gegenteil, das Geld müsste als Einkommen – so der Vorschlag – versteuert werden, wovon wiederum Hartz-IV-Empfänger und Familien mit geringem Erwerbseinkommen – relativ – profitieren würden. Dem Bündnis gehören unter anderem die Arbeiterwohlfahrt, der Kinderschutzbund, die GEW und pro familia an.

Es bleibt zu hoffen dass für die Mittelschule am Winthirplatz eine tragfähige Lösung gefunden wird, um das Konzept der „Schule der Kultur(en)“ mit dem Ganztagsbetrieb erfolgreich fortführen zu können.

Doch die Politik muss grundsätzlich darauf eine Antwort finden, dass Bildung nur dann gelingen kann, wenn der bestmögliche Schulbesuch ohne finanzielle Mehrbelastungen für alle Familien möglich ist. Und gerade für Kinder am Mittelschulen, für Kinder mit Migrationshintergrund, aus Flüchtlingsfamilien braucht es Ganztagesangebote, die es ihnen erleichtern, vielleicht nicht nur den qualifizierenden Hauptschulabschluss, sondern auch den mittleren Bildungsabschluss zu erlangen, um gute Chancen für eine erfolgreiche Berufsausbildung und damit für Teilhabe an der Gesellschaft zu bekommen.

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