Kuba-Krise reloaded?

In den Nachdenkseiten, Hinweise des Tages vom 01.09.2014 Punkt 1. und 2. wird auf die Kuba-Krise von 1962 verwiesen.

Damals stationierte Russland Atomraketen auf Kuba. Das mussten die USA verständlicherweise als Bedrohung auffassen und verhängten eine Blockade Kubas.  Die sich daraus entwickelnde Krise war nahe daran, einen atomaren Weltkrieg zu initiieren, und konnte gerade noch so auf diplomatischem Weg abgewendet werden.

Nach dem “Mauerfall” und der Auflösung der UDSSR drang die USA bzw. die NATO trotz gegenteiliger Versprechen immer mehr an die russische Grenze vor. Tschechien, Polen, Ungarn, Estland, Lettland, Litauen, Slowakei, Slowenien, Bulgarien, Rumänien, Albanien und Kroatien wurden Mitglied der NATO. Ich gehe davon aus, dass dort auch NATO-Stützpunkte bzw. US-Stützpunkte eingerichtet und NATO-Waffen stationiert wurden. In Polen und Rumänien soll zudem ein Raketenabwehrsystem installiert werden. Offiziell gegen Raketen aus Iran…

Die Ukraine ist noch ein Puzzlestein, der in dieser militärischen Einkreisung von Russland fehlt. Das ist vermutlich auch einer der Hauptgründe, weshalb die USA so sehr an einer Westintegration der Ukraine interessiert sind.

Ist diese Situation nicht eine Umkehrung der Situation in der Kuba-Krise? Damals installierten die Russen Raketen “vor der Haustür” der USA. Jetzt installieren die USA Raketen und Bündnispartner “vor der Haustür” von Russland. Ist es verwunderlich, wenn Russland das als Bedrohung auffasst? Niemand, der trotz Anti-Putin-Propaganda selbst nachdenkt, könnte Russland verdenken, wenn es ähnlich reagieren würde, wie damals die USA.

Im Gegenteil: Es ist bewundernswert, dass die Reaktionen von Putin so ruhig und sachlich ausfallen. Nicht Russland ist es, wer die Waffen sprechen lässt, sondern die Putschregierung der Ukraine. Und das gegen die eigene Bevölkerung! Putin hat ganz klar gesagt, dass er die Ostukraine nicht annektieren will, obwohl die dortige Bevölkerung das gerne hätte.

Diese ruhige Reaktion von Putin, verbunden mit Vorschlägen zur diplomatischen Beilegung der Krise, hat anscheinend im Westen nur den Effekt: “weiter so, jetzt erst recht!”. Nur einige wenige Staaten haben beim letzten EU-Gipfel sich weiteren Sanktionen widersetzt, wenn ich es richtig weiß aus wirtschaftlichen Gründen.

In Summe kann man wohl sagen: Die USA und die Mehrheit der NATO-Staaten und der EU-Staaten wollen diesen Konflikt weiter betreiben! Einen Konflikt, der sich mit weiteren Sanktionen nicht lösen lässt, und der in letzter Konsequenz auf einen Krieg NATO gegen Russland hinführen kann. Wie kann man nur so wenig geschichtsbewusst und menschenverachtend sein? Es sind schon viel zu viele Menschen in diesem Konflikt gestorben!

Ich sage in der Gewissheit der Zustimmung breiter Bevölkerungsanteile: “WIR WOLLEN DIESEN KONFLIKT NICHT! Haltet die Nato und die EU raus aus der Ukraine. Und respektiert das Selbstbestimmungsrecht der Völker.”

Zum Ende der Kubakrise steht bei Wikipedia: “Die Kubakrise führte auch zu einer neuen Beziehung zwischen den Supermächten, die sich in einer beiderseitigen Entspannungspolitik ausdrückte.” Ich wünsche mir sehr, dass der US-Präsident sich seinen Friedensnobelpreis in diesem Sinne noch verdient.

Zur Ergänzung noch die folgenden, lesenswerten Links:
Die Ukraine, korrupter Journalismus und der Glaube der Atlantiker
Wer hat Putin getroffen?

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6 Gedanken zu „Kuba-Krise reloaded?

    1. Ludger Elmer

      Aus der SZ von heute, Teil Feuilleton, Gustav Seibt, Von Danzig nach Donezk:

      “Putins Handels ist einfach zu begreifen”, schreibt Mearsheimer. [amerikanischer Politikwissenschaftler] “Als riesiges flaches Land, das nacheinander vom napoleonischen Frankreich, vom kaiserlichen Deutschland und vom Nazi-Deutschland durchquert wurde, um Russland selbst zu schlagen, stellt die Ukraine einen Pufferstaat von enormer strategischer Bedeutung für Russland dar. Das ist reine Geopolitik.”

      Aber der Artikel verweist auch auf die Ängste der Polen in dieser Situation. Unter dem Titel “De Dantzig à Donetsk, 1939-2014” haben polnische Künstler und Intellektuelle einen Aufruf verfasst. “Darin wird erinnert an die damalige von den Westmächten Frankreich und England geduldete Eskalation zum zweiten Weltkrieg, mit ihren Etappen vom ‘Anschluss’ Österreichs bis zur Zerstörung der Tschechoslowakei.”

      Die Ängste der Polen, die in der Historie nicht nur einmal überfallen und geteilt wurden, kann ich verstehen, aber selbst Norbert Röttgen, CDU-Politiker sagt heute: “Kein Nato-Staat in Osteuropa ist aktuell bedroht.” Unser Bundespräsident scheint das allerdings ganz anders zu sehen. Er sagte gestern, Deutschland werde an der Seite von Polen stehen – gegen wen eigentlich?

      Und dazu noch eine Meldung: http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2014/09/02/krieg-gegen-russland-ehemalige-geheimdienstler-warnen-merkel-vor-falschen-beweisen/

      1. Willi Beitragsautor

        Vielen Dank für die Ergänzung!
        Der Beitrag in den Deutschen Wirtschaftsnachrichten ist hochinteressant. Er bestätigt sehr deutlich und glaubwürdig unseren Eindruck, dass die großen Medien uns durch die ungeprüfte Übernahme von Falschmeldungen systematisch täuschen und belügen. Aber noch schlimmer ist der Eindruck, dass u.U. auch unsere Regierung getäuscht wird.
        Jedenfalls kann Merkel jetzt nicht mehr behaupten, sie hätte es nicht gewusst (bzw. nicht wissen können)!

        Willi

    2. Ludger Elmer

      Willi – Du hast einen prominenten Mitstreiter für deinen Vergleich mit Kuba:

      http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/58957

      ” Krieg in Europa?
      24.09.2014
      Der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt warnt vor einem neuen Krieg in Europa.
      Wie Schmidt in einem Zeitungsbeitrag schreibt, sei er in zunehmendem Maße besorgt über den Konflikt zwischen EU und NATO auf der einen sowie Russland auf der anderen Seite: “Zum ersten Mal seit dem scheinbaren Ende des Kalten Krieges taucht an Europas Horizont die Möglichkeit eines Krieges auf”. Die Aktivitäten von EU und NATO seien ebenso wie diejenigen Russlands “geeignet, die Sicherheit beider Seiten erheblich zu gefährden”. Niemand wolle einen Krieg; “wohl aber müssen wir Angst vor dessen wachsender Wahrscheinlichkeit haben”. Schmidt vergleicht die Lage mit der Kuba-Krise des Jahres 1962. Damals ging es um die Stationierung sowjetischer Atomraketen auf Kuba. “Weil jene Raketen die Sicherheit der USA … entscheidend gefährdeten, geriet die ganze Welt an den Rand eines dritten Weltkrieges”, ruft der Ex-Kanzler in Erinnerung.[1]
      [1] Schmidt warnt vor neuem Krieg in Europa. http://www.zeit.de 24.09.2014. “

  1. Andreas Schlutter

    Wie bezahlt eigentlich eine im Grunde zahlungsunfähige Regierung (man denke z.B. daran, dass die Ukraine über Monate hinweg mit den Zahlungen für das durch Russland gelieferte Gas im Rückstand war und wahrscheinlich immer noch ist) den Militäreinsatz? Welche Gelder der USA und der EU (bzw. einzelner EU-Länder) machen das überhaupt möglich?

    Die Bezugnahme auf die von Bahr und Brandt geprägte Entspannungspolitik ist – glaube ich – das Wichtigste in diesem Zusammenhang. Wie auch immer es ausgeht, die Politik des Westens führt zu einer Verschärfung der Frontstellung. Die EU wird aus der Kooperation mit Russland zunehmend mehr herausgelöst (mit vermutlich drastischen wirtschaftlichen Folgen), Russland wird als Gegner, um nicht zu sagen potentieller Feind aufgebaut. Und wozu? Es gibt ja offenbar Verträge zwischen Exxon und anderen US-Öl-Konzernen, in der Ukraine mittels Fracking Erdgas zu fördern. Der Ausverkauf der Rohstoffe an Konzerne soll weitergehen, also genau das, dem gerade Putin in Russland einen Riegel vorgeschoben hat. Und das scheint als Motivation auszureichen, Öl ins Feuer zu schütten und Russland einzukreisen statt eine gemeinsame Sicherheitsarchitektur mit Russland aufzubauen.

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