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In Sachen Rente steht es zwischen Österreich – Deutschland: 4:0

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Bild: Seniorenaufstand

von Reiner Heyse [1]

Der Vergleich zwischen den Altersversorgungssystem Deutschlands und Österreichs führt zu eindeutigen Ergebnissen. Sportlich ausgedrückt:

Das Rentenniveau in Österreich ist deutlich höher (70 bis 100 %):            1:0
Das Rentensystem ist deutlich gerechter (ein System für alle):                  2:0
Das Rentensystem ist deutlich armutsfester (Mindestrente):                     3:0
Die Renten sind deutlich zukunftssicherer (reine Umlage):                         4:0

Dabei waren die Ausgangsbedingungen vor 20 Jahren nahezu gleich: Anfang der 2000er Jahre sollten in beiden Ländern die umlagebasierten öffentlichen Rentenversicherungssysteme zugunsten der Privatversicherung abgebaut werden.

 

Die Unterschiede:

In Österreich wollte die konservative Schüssel-Regierung die „Reform“ durchsetzen und bekam sehr schnell heftigen Widerstand aus der Gesellschaft – Gewerkschaften führten dazu Warnstreiks durch. Das Privatisierungsprojekt scheiterte, stattdessen wurden Reformschritte zur Festigung und zum Ausbau der Umlagefinanzierung eingeleitet…

In Deutschland wurde die Riester-/Rürup-Reform von Rot-Grün mit Unterstützung von CDU/CSU und FDP durchgeführt. Der schwache Protest blieb fast ungehört, die Gewerkschaften kooperierten von Anfang an. Seitdem entfalten die Gesetzesänderungen ihre fatalen Folgen…

Nach den letzten OECD-Untersuchungen (2015) zum Versorgungsniveau der öffentlichen Rentensysteme für zukünftige Rentner in der EU befindet sich Österreich in der Champions-Liga, Deutschland hingegen ist auf dem Weg in die Kreisklasse.

In Zahlen:

Nettoersatzquote der Rente bei Durchschnittsverdienst in Österreich:                    91,6 %
Nettoersatzquote der Rente bei Durchschnittsverdienst in Deutschland:                50,0 %
Nettoersatzquote der Rente bei Durchschnittsverdienst im EU28 Durchschnitt:     70,9 %

Was wurde in Österreich richtig gemacht?

Nachdem das Vorhaben der Privatisierung der Altersvorsorge gescheitert war, wurden Reformen eingeleitet mit folgenden Ergebnissen:

Einführung einer Erwerbstätigen-Versicherung (Pensionsharmonisierung) in die alle Arbeitnehmer, Selbständige, Politiker, Landwirte und (fast alle) Beamte einzahlen und gleiche Ansprüche haben.

Beiträge Arbeitnehmer:                                  10,25 %
(Zum Vergleich Deutschland:                          9,35 %)
Beiträge Arbeitgeber (kein Tippfehler):        12,55 %
(Zum Vergleich Deutschland:                          9,35 %)

 

Durchschnittliche Neu-Rente (Netto vor Steuer) langjährig Versicherter im Jahr 2013:

Männer:                                             1.820 €
(Zum Vergleich Deutschland:         1.050 €)
Frauen:                                               1.220 €
(Zum Vergleich Deutschland:            590 €)

Die Mindestpension beträgt in Österreich seit 2017 für Alleinstehende, die mindestens 30 Jahre Beitrag gezahlt haben 1.000 € (Grundsicherung in Deutschland ca. 800 €).

Das Österreichische Rentensystem ist ein reines Umlageverfahren. Es wird nichts gespart und damit in unsichere langfristige Kapitalanlagen gesteckt. Es ist damit ungleich sicherer und sorgt für ständige, die Wirtschaft belebende, Nachfrage.

Wichtig sind noch die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in Österreich und Deutschland. Sie sind, was Wirtschaftsentwicklung, Einkommenshöhen und Altersstruktur angeht, nicht sehr unterschiedlich. Der wesentliche markante Unterschied besteht in den exorbitant hohen Leistungsbilanzüberschüssen Deutschlands (siehe auch WSI-Report 1/2016, S.18-20 [2]).

Bleiben die Fragen zu klären:

Warum in drei Teufels Namen nehmen die verantwortlichen Politiker in Deutschland keine Kenntnis von dem haushoch überlegenen System im Nachbarland?

Warum zeigen sie Null-Bereitschaft, den eingeschlagenen katastrophalen Weg, der zu aber-millionenfacher Altersarmut führen wird, rückgängig zu machen?

Warum ignorieren sie damit auch die Gefahren, die für das gesamte Gemeinwesen daraus erwachsen, weil es Futter für die rechten Hetzer erzeugt?

Mögliche Antworten:

Den verantwortlichen Politikern ist das Hemd näher als die Hose. Ihre Posten und Pfründe können sie nur sichern, wenn sie systemkonform bleiben (oder werden). Systemkonform bleiben sie, wenn sie die Interessen der Mächtigen und der Geldquellen bedienen.

Der Beitragsunterschied zwischen Österreich und Deutschland beträgt über 4 %-Punkte. Das sind in Deutschland 50 bis 60 Milliarden € pro Jahr, die nicht in die Rentenversicherung sondern in die Kassen der Versicherungskonzerne gehen sollen. Jahr für Jahr. Macht in 10 Jahren über 500 Milliarden, nach zwanzig Jahren über 1 Billion € aus. Wer glaubt, dass diese ungeheuren Summen und die daraus erwachsenden Profite keinen Einfluss auf die Politik nehmen, kann getrost seinen Wunschzettel an den Weihnachtsmann ausfüllen.

Die Bedienung der Interessen der Finanzindustrie lassen sich wunderbar mit den Interessen der Unternehmen nach Senkung der Lohnkosten (weniger Sozialversicherungsbeiträge) und den Interessen der Politiker bzw. Spitzenbeamten, in kurzer Zeit zu sicheren und hohen Pensionen zu kommen, verbinden.

Dieser unerträgliche Zustand kann nur von unten durchbrochen werden. Gewerkschafter und Wahlbürger müssen ernst machen: Wer weiter Politik gegen die Interessen von über 90% der Bevölkerung macht, wird nicht gewählt.

 

Weiterführende Informationen:

Alterssicherung in Deutschland und Österreich: Vom Nachbarn lernen? WSI-Report 1/2016 [2]

Österreich: Gesetzliche Pensions-Pflichtversicherung für alle Erwerbstätigen (rentenreform-alternative.de) [3]

Renten in Österreich 73% – 107% höher! [4]


Dieser Beitrag ist zuerst erschienen auf Seniorenaufstand [1] und wird mit Zustimmung des Autors hier erneut veröffentlicht.

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