Der Aufstieg der AfD nach den Wahlen in drei Bundesländern
Meine spontane Reaktion auf den Erfolg der AfD war: das Dumme an Wahlen ist, dass auch die Doofen wählen können
Aber da mache ich es mir natürlich genauso leicht wie die AfD-Wähler selbst.
Ich glaube nicht, dass ein nennenswerter Anteil der AfD-Wähler sich mal das Parteiprogramm der AfD abgesehen von der Flüchtlingsthematik angeschaut hat.
Deshalb hier kurz ein paar Stichpunkte dazu:
- die AfD will den Mindestlohn abschaffen
- Nach dem sog. Kirchhoff-Modell soll der allgemeine Steuersatz nur mehr bei 25 % liegen unabhängig vom Einkommen, die Erbschaftssteuer soll ganz abgeschafft werden
- Propagiert werden soll die 3-Kinder-Familie um der Überfremdung durch Migranten entgegen zu wirken
- Frauenquoten und Gleichstellungsbeauftragte sollen abgeschafft werden
- andere Lebensentwürfe wie Homosexualität lehnt die AfD ab
- in der Bildungspolitik sollen preußische Disziplinen gefördert werden und die Aufarbeitung des Nationalsozialismus (Originalton AfD: 12 Unglücksjahre) verringert werden
- die Freiheit in der Kunst soll durch vermehrte „deutsche Aufführungen“ beschnitten werden
- Hartz-IV-Empfänger sollen zu Bürgerarbeit herangezogen werden
- Kohle- und Atomkraft sollen weiterhin zu Lasten regenerativer Energien weiter bestehen bleiben
Wenn das die Ziele der AfD-Wähler sind, dann befinden wir uns bald in „guter“ Gesellschaft zu Polen und Ungarn.
Aber es hilft nicht die AfD zu dämonisieren, damit werden sie nur noch stärker. Außerdem, und das muss man ihnen lassen, spielen sie sehr gut die Opferrolle in der Öffentlichkeit nach dem Motto „Wir und damit unsere besorgten Bürger werden benachteiligt und diskriminiert“.
Das Aufkommen der AfD ist m. E. das Ergebnis von ca. 15 Jahren neoliberaler Wirtschaftspolitik, die Flüchtlingskrise ist nur der äußere Anlass dafür, aber nicht die Ursache. Und natürlich spielen auch die 10 bis 15 % der Leute eine Rolle, die ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild haben.
Die eigentlichen Probleme in Deutschland werden aber kaum thematisiert geschweige denn in Angriff genommen; dafür stehen z. B.
- Es stört uns nicht, wenn das Ungleichgewicht der Einkommen und Vermögen in Deutschland immer mehr zu Gunsten der Superreichen und Konzerne ausschlägt.
- Es stört uns nicht, wenn weltweit operierende Konzerne wie Google, Amazon, Starbucks, Ikea u. a. Milliarden-Gewinne einfahren und die Infrastruktur in Europa nutzen aber kaum Steuern zahlen.
- Es stört uns nicht, wenn Handelsketten unter unmenschlichen Bedingungen ihre Produkte in Fernost produzieren lassen aber üppige Budgets für teure Innenstadtlagen und Marketingbudgets haben.
- Es stört uns nicht, wenn in erster Linie Deutschland die südeuropäischen Länder finanziell hat ausbluten lassen durch eine verfehlte neoliberale Wirtschaftspolitik.
- Es stört uns auch nicht, wenn wir den unteren Einkommensbeziehern Angst machen vor dem sozialen Abstieg und ihnen als Schuldigen früher die Hartz-IV-Empfänger präsentiert haben und heute die Flüchtlinge.
- Es stört uns nicht, wenn die westlichen Großmächte mitverantwortlich sind für den Terrorismus durch den IS und wir ungeniert Waffen an Unrechtsregime wie Saudi-Arabien und Katar liefern.
- Es stört uns auch nicht, wenn wir den letzten Rest der Demokratie durch Freihandelsabkommen opfern um den Konzernen ungehemmten Profit zu ermöglichen.
- Und letzten Endes stört uns die Umweltvernichtung in den sog. Entwicklungsländern nicht, solange wir dadurch den Wohlstand bei uns haben
Wollen wir wirklich eine solch entsolidarisierte und egoistische Gesellschaft haben? Was das bedeutet kann man derzeit im US-Wahlkampf bei den Republikanern beobachten.
Was mich wirklich traurig stimmt, ist die Rolle der Linken; von der SPD und den Grünen ganz zu schweigen. Statt Alternativen aufzuzeigen, wie eine andere, gerechtere und lebenswertere Gesellschaft aussehen könnte bezieht die Linke immer nur gegen etwas Stellung – damit begeistert man aber keine Menschen.
Und in der Flüchtlingsfrage haben sie es m. E. versäumt eigene Lösungsvorschläge zu propagieren und auch emotional zu untermauern mit Appellen an das Mitgefühl, Hilfsbereitschaft. Das hat die AfD einfach besser gemacht mit der latent vorhandenen Angst-Keule verbunden mit Hass und Ausländerfeindlichkeit auf Stimmenfang zu gehen.
Bildquelle: Franz Ferdinand Photography [1] / CC BY-NC 2.0 [2]
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