Am vergangenen Samstag bin ich im DGB-Haus gewesen. Das isw – Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung e.V. [1] hatte eingeladen: Ist Wohlstand ohne Wachstum möglich? Aus dem Veranstaltungsflyer:
Im Kapitalismus gelten nur Werte, die auf dem Markt in Geld verwandelt werden können. Deshalb stehen die Profitinteressen über denen der vernünftigen Reproduktion von Mensch und Natur. In der kapitalistisch-fossilistischen Produktions- und Lebensweise dominiert in krisenhaften Sprüngen ein Wachstum, das vor allem von den transnationalen Konzernen des Energie- und Verkehrssektors und der Finanzindustrie dominiert wird. Gute Arbeit, gutes Klima, Gesundheit sind immer weniger zu bekommen. Auch der Frieden wird angesichts der globalen Jagd nach Ressourcen und der Kontrolle der Verkehrswege zu einem immer zerbrechlicheren Gut. Wir müssen unsere Lebensweise ändern, wenn wir menschlich überleben wollen.
Sehr interessant war das Eingangsreferat von Prof. Ulrich Brand (Uni Wien): “Mensch und Natur verlangen die Wachstumsbremse”. Brand ist Mitglied des Kuratoriums des Instituts Solidarische Moderne [2], eines Instituts, das sich als Programmwerkstatt für linke Politikkonzepte versteht und dies nicht nur parteipolitisch versteht, aber sicher eine wichtige Rolle für ein Rot-Rot-Grünes Projekt auf Bundesebene spielen kann.
Prof. Ulrich Brand ist Sachverständiger der Enquete-Kommission “Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität – Wege zu nachhaltigem Wirtschaften und gesellschaftlichem Fortschritt in der Sozialen Marktwirtschaft” [3] gewesen, die 2013 ihren Abschlussbericht [4] vorgelegt hat.
Einen Einblick in seine Thesen gab er bei dem Vortrag am 10.3.2014 im Wissensturm Linz im Rahmen der Vortragsreihe “Wachstum wohin”:
Die Konzentration auf den Begriff Wachstum ist schon verkehrt. Es geht nicht um die simple Frage des Weniger, der Reduktion (was im Ressourcenverbrauch allerdings dringend notwendig ist), es geht auch nicht um “grünes Wachstum”, den “Green New Deal”, wenn wir aus der Falle raus wollen. Gerade Wachstum, was wir in der Nachkriegszeit als Stabilitätsfaktor erlebt haben, wird zunehmend zur Gefahr. Ulrich Brand plädiert dafür, stattdessen über Fortschritt und Wohlstand nachzudenken und dafür konkrete Ziele in einem demokratischen Prozess zu definieren.
Wesentliche Erkenntnis für mich: wir müssen radikal umdenken und umlenken, um uns und unseren Kindern ein gutes Leben zu ermöglichen. Wo brauchen wir noch Wachstum? Und wenn ja, wozu? Wo brauchen wir es nicht mehr (Stichwort Extraktivismus), wo dürfen wir es (uns) nicht mehr erlauben und vor allem, wie können wir dies sozial und demokratisch gestalten?