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Zitiert… warum Griechenland jetzt leidet

[1]

Quelle: Der Postillon

Schon merkwürdig, da gebe ich die Stichworte “Deindustrialisierung” und “Griechenland” in meiner Suchmaschine ein, und was kommt als eine der ersten Fundstellen – eine fast schon lapidare Feststellung zu den mehr als 30 Jahre zurückliegenden Ursachen der Krise in Griechenland.

Deindustrialisierung: Nach dem Beitritt zur EU 1981 erwiesen sich Produktionsstandorte in Griechenland für westliche Konzerne vielfach als überflüssig, das Land wurde eher als Absatzmarkt gesehen. Die EU-Osterweiterung 2004 brachte der Textilindustrie neue Konkurrenz, mit der das Land nicht mithalten konnte. Eine Schwerindustrie fehlt in Griechenland heute fast völlig

Quelle: manager magazin[2]

Da ist mir eingefallen, dass ich vor ein paar Tagen in der hier in München erscheinenden zweisprachigen Magazin ΔΡΑΧΜΗ – DRACHME[3] einen Beitrag von Leonidas Chrysanthopoulos [1]  gelesen habe. Darin schreibt er:

Als Griechenland 1981 der EWG beitrat, verfügte das Land über eine dynamische Industrie mit einer jährlichen Zuwachsrate von 7,4%, einen hohen Selbstversorgungsgrad und eine starke Landwirtschaft. In diesem Sektor war 24,2% der Bevölkerung beschäftigt. Die Arbeitslosigkeit lag damals um 3-4%. Nach dem Beitritt zur EWG wurde Griechenland vor einer Reihe von Forderungen gestellt, die in Abstimmung mit den Erzeugungskapazitäten der Partnerstaaten alle Bereiche seiner Produktion regulierten. So wurde die Stahlerzeugung beschränkt, weil es in dem Bereich in der EWG bereits eine Überproduktion gab. Dazu musste auch die noch junge Automobilindustrie aufgegeben werden. Griechenland reduzierte seine Olivenölproduktion, um dazu beizutragen, den „Olivenölsee” in der EWG zu verkleinern. Somit sollte die Landwirtschaft umstrukturiert werden; infolgedessen schrumpfte der in diesem Sektor beschäftigte Bevölkerungsanteil auf 10%.

Quelle: Drachme 25[4]

Was hat es also je für eine Perspektive für Griechenland gegeben, unter neoliberal geprägtem Konkurrenzdenken zwischen den EU-Staaten überleben zu können? Strukturell war das Land mit dem Beitritt in die EU doch darauf angewiesen, dass es so etwas wie einen europäischen Länderfinanzausgleich geben muss, und das gerade unter dem Vorzeichen einer gemeinsamen Währung seit 2002.

Passend dazu in den Hinweisen des Tages vom 6. März 2015[5] gefunden:

Griechenlands Misere und die Lehren der alten deutschen Wirtschaftsdenker
Mehr als ein Viertel seiner Wirtschaftsleistung hat Griechenland in der Krise eingebüßt. So misslungen ist die Rettung, dass sich Entwicklungsökonomen inzwischen mit dem Land befassen. Für den Norweger Erik Reinert, einen früheren Industriellen, heute Ökonomieprofessor, wirken auf Griechenland ähnliche Kräfte wie auf abgehängte Länder Asiens und Afrikas. Die EU gehe mit Krisenstaaten um wie Europas Mächte einst mit Kolonien. Oder wie der Internationale Währungsfonds früher mit Entwicklungsländern.
Des Pudels Kern ist für Reinert die Neoklassik, die starken Einfluss auf die EU habe. Demnach sei es unproblematisch, wenn sich Märkte mit unterschiedlich entwickelten Industrien zusammenschlössen. Denn jedes Land könne sich auf die Güter spezialisieren, die es am besten produzieren könne. Dabei glichen sich die jeweiligen Preise für Kapital und Arbeit in den Ländern einander an. Es sei also egal, ob ein Land Autos produziere oder vor allem Oliven anbaue. Reinert hält das für absurd: Schließlich würde man seinen Kindern ja auch nicht raten, Tellerwäscher statt Anwalt zu werden. Damit ist er nicht allein: Patrick Artus, Chefvolkswirt der französischen Investmentbank Natixis, wird nicht müde zu betonen, dass die Deindustrialisierung von Europas Peripherie mit einem Finanzausgleich einhergehen müsse wie etwa in den USA. Sonst sei es ein Verarmungsprogramm. Reinert erinnert daran, dass die EU noch bis in die 90er-Jahre behutsam bei der Integration ihrer nationalen Märkte vorgegangen sei. Sie habe etwa darauf geachtet, dass in Spanien eine Automobilbranche aufgebaut wurde. Doch seit der raschen Osterweiterung und der Euro-Einführung sei das passé….

Quelle: Frederic Spohr auf dem Blog von Norbert Häring[6]

Im Übrigen möchte ich exemplarisch auf die vielen klugen Beiträge der letzten Tage auf den NachDenkSeiten [2], in der Rationalgalerie [3] und von Robert Misik [4] verweisen…

… und auf die Resolution Nein zur Sparpolitik ! Ja zur Demokratie ! hinweisen, die europaweit auf der Webseite Alter Summit [5] unterschrieben werden kann.

Beitrag versenden[7]
Endnotes:
  1. [Image]: http://2.bp.blogspot.com/-LxE37FFivlA/VOiyYKXJLaI/AAAAAAAAdmc/T6kx0xx1SBs/s1600/Griechenland.jpg
  2. manager magazin: http://www.manager-magazin.de/fotostrecke/fotostrecke-51717.html
  3. ΔΡΑΧΜΗ – DRACHME: http://www.drachme.com/
  4. Drachme 25: https://www.yumpu.com/el/document/view/39558151/drachme-25
  5. Hinweisen des Tages vom 6. März 2015: http://www.nachdenkseiten.de/?p=25316#h01
  6. Frederic Spohr auf dem Blog von Norbert Häring: http://norberthaering.de/index.php/de/newsblog2/27-german/news/292-spohr-reinert
  7. Beitrag versenden: https://nachdenken-in-muenchen.de/?p=2321&wp_email_popup=1