- Jeder 2. Fisch, der in Europa verzehrt wird, stammt aus Nicht-Europäischen Gewässern (Nach Schätzungen des WWF sind bereits 80 % des Mittelmeeres und 47 % des Nordostatlantiks überfischt).
- Viel zu viele (die EU verfügt über 700 Schiffe) und viel zu große EU-Trawler fischen seit Jahrzehnten die westafrikanischen Küsten leer.
- Die größten Trawler können bis zu 200.000 kg Fisch pro Tag und Schiff fangen und verarbeiten; dazu bräuchten 56 traditionelle Pirogen ein ganzes Jahr (Quelle: Spiegel online 6.9.2014 [1]).
- Vor den Küsten Westafrikas leben ca. 1,5 Mio Menschen direkt von der Fischerei; weitere Millionen sind von der Fischerei abhängig (Fischverarbeitung, Verkauf, Transport, Bootsbau – Quelle: Greenpeace e.V. [2]).
- Im Senegal stellt der Fischfang sogar den Wirtschaftszweig Nr. 1 dar mit einem Drittel der Exporterlöse (Bayern 5 vom 18.4.2014[1]).
- Für viele Westafrikaner stellt der Fisch die einzige Möglichkeit dar, sich mit dem wichtigen tierischen Eiweiß zu versorgen.
- Die EU subventioniert die EU-Fischereiindustrie durch Abkommen mit insgesamt 16 Staaten (davon 7 in Westafrika) für das Recht innerhalb der 200 Seemeilen-Grenze fischen zu dürfen; hierfür werden 160 Mio € pro Jahr aufgewendet, wovon der EU-Steuerzahler 90 % dieser Kosten trägt. Nutznießer sind private Flotten die damit die Überfischung vor Westafrika fortsetzen können. Zudem wird ein Teil der Fangmengen außerhalb der EU exportiert wird (z.B. China).
- Und zudem gibt es auch noch eine Steuerbefreiung auf den Treibstoff. (Greenpeace Österreich 2/2012 [3])
- Die sog. Ausgleichszahlungen für die Fanglizenzen kommen aber zum großen Teil nicht den einheimischen Fischern zu Gute (z. B. über Ausbildung und Finanzierung der einheimischen Fischereiindustrie) sondern verschwinden über die gängigen Korruptionswege in dunkle Kanäle. Ein besonders negatives Beispiel stellt Mauretanien dar, das 70 Mio € jährlich von der EU für die Fanglizenzen erhält (immerhin 15 % der gesamten Staatseinnahmen), aber davon kaum Mittel für den Aufbau der einheimischen Fischereiindustrie bereitstellt; das Geld verschwinde in dunkle Kanäle, beklagen Experten.
- Die Kontrolle der vereinbarten Fangmengen und die Unterbindung der illegalen Fischerei ist äußerst schwierig – die EU kontrolliert bis heute nicht und den Afrikanischen Staaten fehlen dazu die Mittel.
- Zudem ist es ein Leichtes, die Abkommen zu hintergehen: So kooperierten einzelne EU-Fischereiflotten mit senegalesischen Firmen und ließen ihre Schiffe unter senegalesischer Flagge auflaufen und unterliefen damit die Fangquoten für die EU-Schiffe da sie offiziell ja für den Senegal unterwegs waren.
- Aber auch die einheimischen Pirogenschiffer tragen dazu bei, dass der Fisch zunehmend nicht im Inland landet; sie verkaufen lieber ihren Fang an die EU-Trawler auf hoher See da sie damit einen höheren Preis bekommen als im eigenen Land (B5 18.4.2014).
Wende in Sicht?
- Alle 10 Jahre überarbeitet die EU ihre Fischereipolitik.
- Das Abkommen, das in 2014 neu vereinbart wurde, setzt als Kernziel die nachhaltige Fischerei fest; danach sollen lokale Fischer Vorrang haben und auch der sog. „Beifang“ soll von 30 % auf 5% reduziert bzw.auf die Fangquoten angerechnet werden. (SWR 2 17.6.2014 [4]) Auch soll die Fischereiüberwachung – soweit technisch möglich – verschärft werden.
- Dafür mussten die afrikanischen Staaten aber auch niedrigere Ausgleichszahlungen in Kauf nehmen (der Senegal bekommt nur mehr 8,7 Mio € dafür, dass 38 EU-Schiffe den Seefang vor seinen Küsten betreiben dürfen.
Mein Fazit dazu:
- Der Fischfang ist nur ein – wenn auch wichtiger – Wirtschaftsbereich, bei denen die westlichen Industriestaaten die Ressourcen Westafrikas billig ausbeuten.
- In die andere Richtung gehen die hochsubventionierten Lebensmittelexporte der EU nach Afrika und verhindern damit den Aufbau lokaler Landwirtschaft und Infrastruktur (z. B. Hähnchenteile aus der EU und Brasilien, Zwiebeln aus Holland !, Tomatenmark aus Italien).
- Nur wenn diese Menschen keine Perspektiven mehr in ihren Ländern finden und unter größten Schwierigkeiten versuchen ins gelobte Europa zu kommen weigern wir uns einzugestehen, dass wir die Ursachen z. T. selber herbeigeführt haben.
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Endnotes:
- 18.4.2014: http://www.br.de/radio/b5-aktuell/sendungen/notizen-aus-aller-welt/uebersicht-notizen-sendungen-karfreitag100.html
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