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Deutsche Waffen für die Kurden?

Die Bundesregierung hat am 20.8.2014 beschlossen, Waffen und Kriegsgerät an die Kurden im Nordirak zu liefern, um sie in ihrem Kampf gegen die Terrormilizen des IS (Islamischer Staat im Irak und in Großsyrien) zu unterstützen. Diese Entscheidung verstößt gegen die Grundsätze deutscher Politik, wonach in Krisengebiete keine Waffen exportiert werden dürfen.
Viele Kommentare in den Medien heben hervor, dass der Irak schon voller Waffen ist. Mich hat die Frage interessiert, wohin gehen die Waffen und wo verbleiben sie? Ich habe nachgelesen in der SZ, in SPON, in der Jungen Welt und im Freitag.

Sonja Zekri in der SZ[1] befürchtet, dass die Waffen in falsche Hände, z.B. in die Gewalt der PKK, die Deutschland als Terrororganisation einstuft, gelangen. Sie schreibt:

„ Was aber, wenn die PKK ihren Waffenstillstand mit Ankara bricht und den Nato-Partner Türkei mit Waffen aus Deutschland angreift?“

Sie verweist weiterhin darauf, dass in Afghanistan die Taliban mittlerweile Waffen besitzen, die vom Westen für die dortigen Sicherheitskräfte bereitgestellt wurden. Und Libyens Muammar al-Gaddafi habe Raketen erhalten, die heute den gesamten Nahen Osten bedrohen.

„Und mit den Humvees, die Amerika einst an Bagdad lieferte, fahren derzeit die Dschihadisten durch Mosul und Ramadi.“

Heribert Prantl (SZ)[2] sagt, dass die Verbrechen des IS mit Waffen begangen werden, die von Natostaaten geliefert worden sind:

„Pax Christi [die internationale katholische Friedensbewegung] hat darauf hingewiesen, dass die Türkei und die USA von Ankara aus die Soldaten des Islamischen Staats (IS) in Syrien stark gemacht haben; und darauf, dass Deutschland Saudi-Arabien und Katar mit Kriegsgerät beliefert hat, also die Staaten, die den Islamischen Staat aktiv unterstützen.“

Jakob Augstein (SPON)[3] überschreibt seinen Artikel:

„Bekämpfen, was wir selber schaffen.“

Er verweist darauf, dass Deutschland „Fuchs-Panzer“ in Algerien baut:

„Die deutsche Firma Rheinmetall liefert eine Panzerfabrik nach Algerien. Wenn eines Tages ein Dschihadist im deutschen ‚Fuchs‘-Panzer vorfährt, kann man auch in Algerien militärisch intervenieren. […] Und das nachdem erst die verpfuschte amerikanische Nahost-Politik dem Aufstieg des IS-Chefs Abu Bakr al-Baghdadi den Weg bereitet hat.“

Die Junge Welt [4]thematisiert die Rolle von Saudi-Arabien und dem Katar, die der Westen mit Waffen versorgt, damit diese sie weitergeben können, um ihre eigenen Interessen und Machtansprüche zu untermauern:

„ Auch die deutsche Bundesregierung trägt Verantwortung für die Eskalation im Irak, indem sie mit den Waffenlieferungen an Saudi-Arabien und Katar die Länder aufrüstet, die die Kriege in der Region anheizen.“

Im Freitag[5] macht Jan van Aken deutlich, dass Waffenlieferungen die Konflikte anheizen und den großen Zielen, denen sie stets dienen sollen, nie gerecht werden.

„ Dass genau diese Ausrüstung jetzt bei eben diesen Menschenhassern vom IS gelandet ist, zeigt ein grundlegendes Problem von Waffenexporten: Sie haben eine ungemein lange Lebensdauer und werden von Krieg zu Krieg weitergegeben.
Der ursprüngliche Adressat eines Waffenexports wird am Ende nicht selten mit genau dieser Waffe angegriffen […] Waffenexporte sind vollkommen unkontrollierbar und eine dauerhafte Gefahr für den Weltfrieden.“

Die Bundestagsdebatte zu den geplanten Waffenlieferungen wird voraussichtlich am 1.9. stattfinden und die Kanzlerin will dazu eine Regierungserklärung abgeben. Ob die Argumente, dass Waffenlieferungen nicht kontrolliert werden können, in der Debatte eine Rolle spielen werden?

Endnotes:
  1. Sonja Zekri in der SZ: http://www.sueddeutsche.de/politik/riskante-ruestungshilfe-fuer-kurden-was-mit-westlichen-waffen-im-irak-passieren-koennte-1.2096564
  2. Heribert Prantl (SZ): http://www.sueddeutsche.de/politik/deutsche-waffen-im-irak-falsch-falscher-am-falschesten-1.2096077
  3. Jakob Augstein (SPON): http://www.spiegel.de/politik/deutschland/waffenlieferung-in-irak-risiko-der-neuen-deutschen-aussenpolitik-a-987263.html
  4. Die Junge Welt : http://www.jungewelt.de/2014/08-22/032.php?sstr=waffenlieferungen
  5. Im Freitag: https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/mangel-an-allem-aber-nicht-an-waffen